Wenn schon Transparenzgesetz, dann richtig

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Schon Platon wusste:

Das extreme Trachten nach dem, was in der Demokratie als gut gilt, stürzt die Demokratie.

Seid Tagen wird über das umstrittene israelische Gesetz zur Kennzeichnung von NGOs, die über die Hälfte ihrer Gelder von ausländischen Regierungen erhalten, sowohl in Israel als auch im Ausland diskutiert. Ich finde, Israel braucht ein NGO Gesetz, aber definitiv nicht dieses.

Viele deutsche Medien und Politiker vergleichen das „Transparenzgesetz“ mit dem Gesetz, das Putin vor einiger Zeit verabschiedet hat. Es ist jedoch unmaßgeblich, ob ich persönlich gegen das Gesetz bin oder ob deutsche Politiker dagegen sind. Israel ist nun mal eine Demokratie. Wenn das Volk in Israel eine Regierung wählt, das dieses Gesetz verabschiedet, dann ist es absolut demokratisch. Heute wird der Gesetzesentwurf in der Knesset verlesen und darüber abgestimmt.

Schon deshalb finde ich den Vergleich zu Russland so unverschämt. In Russland gibt es keine Opposition. Und erst recht keine Demokratie.

Das heisst nicht, dass man sich nicht kritisch dazu äußern kann. Ich erwarte von der Opposition, dass sie versuchen, das Parlament und die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass das Gesetz nicht in ihrem Interesse ist. Das ist ihre demokratische Pflicht.

Was mich daran stört, ist dass Israel tatsächlich ein NGO Transparenzgesetz benötigt. Jedoch nicht eines, dass die Transparenz der Finanzierung fordert, denn das gibt es bereits, sondern Transparenz der Ausgaben. Zu oft wird das Geld von der EU, UNO oder ausländischen NGOs dazu verwendet, Terrorgruppen in der PA oder Gaza zu unterstützen.

Ich erwarte, dass europäisches Geld nicht dazu verwendet wird, dass in Gaza Tunnels gebaut werden, damit Terroristen nach Israel gelangen können, dass aus UNO Schulen Raketen auf mich und meine Familie abgefeuert werden. Oder dass das Geld dazu verwendet wird, Terrororganisationen mit Waffen auszustatten.

 

Gut Schabbes Selfie – Vayechi

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Heute feiern die beiden größten Weltreligionen den Geburtstag ihrer Propheten. Die Christen Weihnachten, die Muslime Mawlid an-Nabi. Der Mondkalender der Muslime macht es möglich, dass der Geburtstag durch das Sonnenkalenderjahr wandert und nun auf den 25. Dezember fällt.

Nur wir Juden, wir feiern etwas anderes. Wir feiern Schabbat. Diese Woche lesen wir den Wochenabschnitt Vayechi, der zudem der letzte im Ersten Buch Mose ist. Und dieser Abschnitt ist voll von Prophetie und harten Urteilen. Jakob stirbt und ruft seine 12 Söhne zu sich und jeder bekommt zum Abschied noch einen Segen, der in den meisten Fällen mehr eine Abreibung ist.

Diese 12 Söhne waren alle Gerechte (Zadikim), sagen unsere Gelehrten. Jedoch wenn man die Torah liest, waren sie vor allem Menschen mit Fehlern, teilweise schlimmen Fehlern, so wie nur Menschen sie haben.

Die heutigen Geburtstags-Propheten waren nach Ansicht ihrer Anhänger perfekte, g-ttgleiche Wesen, deren Beispiel man folgen soll. Das missfällt mir. Ich finde es gut, dass alle unsere Propheten Menschen waren. Denn es gibt nur einen G-tt, HaSchem Echad.

Merry X-Mas and happy Y-Nachten!

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Heute Abend feiert Deutschland Weihnachten. Von mir dazu alles Gute.

Diese Wünsche sind in vielen Fällen bitter nötig. Ich selbst bin wahrscheinlich ausschliesslich deshalb Jude geworden, damit mir dieses Fest erspart bleibt.

Mein Freund Matthias antwortete auf die Frage, wie er und seine Familie denn dieses Jahr Weihnachten feiern werden: Wir essen viel, streiten uns und schenken uns Dinge, von denen wir in spätestens zwei Wochen wissen, dass wir sie nie gebraucht haben. Also, so oder so ähnlich hat er es gesagt.

Und so ähnlich habe ich auch Weihnachten in meiner Kindheit in Erinnerung. Streit und Essen gab es quasi immer. Geschenke auch, um die es dann auch oft noch mehr Streit gab. Der Baum war hübsch, das Essen gut, immerhin.

Der Name des Festes ist interessant. Hier eine Tabelle in verschiedenen Sprachen:

Sprache Wort Bedeutung
Englisch
Christmas
Christus (Messias) Fest
Französisch Noël Geburtsfest
Spanisch Navidad Geburtsfest
Hebräisch  (Chag HaMoled) חג המולד Geburtsfest
Italienisch Natale Geburtsfest
Dänisch Jul Germanischer Kalendermonat Dezember
Holländisch Kerstmis Christus (Messias) Fest
Deutsch Weihnachten Chanukkah

Die meisten Sprachen nennen das Weihnachtsfest nach dem, was der Überlieferung nach passiert ist: Der Messias (Christ) wurde geboren. Schliesslich feiert man seinen Geburtstag (und acht Tage später, nach guter jüdischer Tradition, seine Beschneidung am 1. Januar). Die Dänen stechen heraus, da sie den Festnamen am Kalender fest machen. Und die Deutschen? Die nennen ihr Lichterfest im Winter einfach Channukkah!

Das hebräische Wort Channukkah bedeutet Weihe. Es geht dabei um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der Entweihung durch die Griechen. Zur Weihung braucht man Olivenöl für den Leuchter und davon war nur noch wenig da, aber wie durch ein Wunder, gerade genug für acht Tage. So lange hat es gedauert, neues Öl zu besorgen.

Warum ich das erzähle? Damit deutlich wird, dass nicht nur der Name fast gleich ist, auch die Bräuche ähneln sich stark:

  • Datum: Beides wird am 25. des Monats gefeiert, der im jeweiligen Kalender üblicherweise in die Wintersonnenwende fällt. Also 25. Dezember oder 25. Kislev.
  • Abends: In den meisten Ländern wird am 25. tagsüber beschert. In Deutschland aber am 24. Abends. Jüdische Tage und damit auch Feiertage wie Channukkah beginnen abends.
  • Kerzen 1: Die Channukkah-Kerzen müssen ins Fenster gestellt werden, da ihr Zweck die öffentliche Verkündung des Channukkah-Wunders ist. In Deutschen Haushalten werden zu Weihnachten die Fenster traditionell mit Kerzenständern und anderen Lichtern geschmückt.
  • Kerzen 2: Jeden Tag während des acht Tage andauernden Channukkahfestes zündet man eine zusätzliche Kerze. Im Advent zündet man jeden Adventssonntag eine weitere Kerze.
  • Adventskalender: Auch hier werden die Tage gezählt, genau wie bei den acht Channukkah-Kerzen.
  • Geschenke: An Channukkah bekommen die Kinder Geschenke oder einfach Channukkah Gelt (mit t, weil es jiddisch ist) und man isst Karotten in Scheiben, die an Geldstücke erinnern sollen.
  • Familie: An Channukkah feiert man mit der ganzen Familie. Jeder bekommt seinen eigenen Leuchter. Weihnachten ist ein Familienfest.
  • Glühwein: Zugegeben, eher eine zufällige Parallele. Juden trinken eigentlich zu jedem Anlass Wein.
  • Weihnachtsmann: Also, wenn Du mich fragst, sieht der aus wie ein Rabbi, dessen Klamotten rot gefärbt sind. Und daran ist ja nur Coca Cola (koscher) schuld (ich weiss, stimmt nicht). Und Bommelmützen tragen die Anhänger von Rabbi Nachman auch.
  • Messias: Das ist vielleicht ein wenig weit hergeholt. Aber hey, warum nicht, es geht schliesslich um Religion, da ist argumentativ meist kein Weg zu weit. Channukkah feiert das Olivenölwunder und das hebräische Wort Moschiach (Messias) bedeutet: Der Gesalbte. Die Salbung erfolgt mit Olivenöl.
  • Essen: Immer im Januar sind Frauen- und Männerzeitungen voll mit Diättipps. Im Rest des Jahres zwar auch, aber im Januar geht es im Besonderen darum, den sog. Weihnachtsspeck wieder los zu werden. An Channukkah essen wir lauter in Öl gebratene oder gebackene Dinge: Kartoffelpuffer, Pfannkuchen, gebratene Karottenscheiben (s.o.) und vieles mehr. Das Öl setzt sich dann im Körper gerne als Hüftgold ab.

Wie eng und vor allem, wie viel enger als andere Völker die Deutschen und die Juden bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zusammengelebt haben, erahnt man, wenn man sich diese Parallelen ansieht. Nicht umsonst ist das alte hebräische Wort für Deutschland „Medinat Aschkenas“. Aschkenasen sind die nord- und osteuropäischen Juden.

Wir haben Chanukkah schon hinter uns, ihr seid gerade im Weihnachtsendspurt. Ich wünsche allen, die dieses Fest feiern, dass es besinnliche Tage werden, mit schönem Baum, sinnvollen Geschenken, wenig Streit und gutem Essen!

 

 

Unter Belagerung

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Der Tempel in Jerusalem als Modell (Israel Museum)

Heute ist nach dem jüdischen Kalender der Zehnte Tevet, der Tag der Beginn der Belagerung Jerusalems durch Nebuchadnezzar, die zur Zerstörung des ersten Tempels führte. Wir fasten und beten viel. Es ist ein nationaler Trauertag. Wer nicht weiss, zu welchem Datum seine Verwandten etwa im Holocaust tatsächlich ermordet wurden, kann heute das Trauergebet, das Kaddisch, für sie sagen, das üblichweise am Tag der Yahrzeit, also am Todestag nach dem jüdischen Kalender gesprochen wird.

Ich faste nicht gerne. Und heute fühle ich mich auch sonst nicht besonders fit. Daher hätte ich Grund genug, diesen doch nachrangingen Fastttag ausfallen zu lassen und mit den Kollegen Essen zu gehen, wie jeden Tag.

Aber Asara BeTevet, wie der Tag auf hebräisch heisst, ist doch ein besonderer Fasttag. Würde er auf einen Schabbat fallen, was er niemals tut, dann würden wir am Schabbat fasten. Das ist bei allen anderen Fasttagen bis auf Yom Kippur nicht so. Der Grund ist, dass wir damit nicht einem Unglück, das an diesem Tag passierte gedenken, sondern wir einem zukünftigen entgegenwirken wollen. Zwischen der Belagerung und der Zerstörung des Tempels lagen Jahre. Heute gilt daher der Tag als der Tag des Gerichts, an dem G-tt entscheidet, ob der Tempel dieses Jahr wieder erbaut werden wird.

Auch heute wird Jerusalem belagert. Von BDS-Idioten, von Messerstechern, von der Hisbollah im Norden, der Hamas im Süden und von Osten droht der IS. Und wir sitzen hier und warten nicht darauf, dass die Belagerung erfolgreich sein wird. Wir wehren uns.

Und wir fasten.

Wasser marsch!

Auto im Wasser

Dieses Wochenende hat es ergiebig geregnet in Israel. Die Strasse vor unserer Tür war teilweise überflutet und der der Weg in die Synagoge zum Abendgebet am Freitag geriet zu einer unfreiwilligen Dusche.

Dieses Jahr hat es schon viel Regen gegeben. Die Erde ist mit Wasser gesättigt, so dass das vergessene Auto auf dem freien Platz neben unserem Haus auch noch zwei Tage nach dem Regen mitten in einem kleinen See zu stehen scheint.

Das ist gut, denn Wasser ist kostbar in unseren Breiten. Der nächste Krieg wird nicht um Öl oder Bodenschätze geführt werden, im nächsten Krieg geht es um Wasser! Das habe ich oft genug Leute sagen gehört. Der Vorwurf, wir würden den Palästinensern Wasser klauen, gehört zum Standardrepartoire eines jeden Israelkritikers. Dabei ist der Pro-Kopf-Verbrauch von Wasser von Palästinensern und Israelis nicht signifikant verschieden. Die Golanhöhen haben wir uns auch nicht nur deshalb unter den Nagel gerissen, weil unsere Dörfer von dort von Syrischen Soldaten beschossen wurden, sondern weil wir damit im wahrsten Sinne des Wortes an der Quelle sitzen. Das gesamte natürliche Trinkwasser Israels kommt von dort. Und deswegen sinkt auch der Meeresspiegel des Toten Meeres jedes Jahr merklich.

Ich kann euch beruhigen. Diese Kriege wird es nicht geben. In Ashdod arbeitet eine Entsalzungsanlage, die in ihrem Endausbau 70% des Trinkwasserbedarfs Israels decken wird und schon jetzt 50% bereitstellt. Und Jordanien schreibt gerade Aufträge aus für einen Kanal vom Roten zum Toten Meer. Dass das Projekt in Zusammenarbeit mit Israel entwickelt wurde, verschweigt SPON so gut es geht.

Die Angst vor dem Terror, jeden Tag

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„A gute woch“ oder „shavua tov“ wünscht man sich, wenn der Shabbat vorbei ist. Doch diese Woche wünschten wir uns eine sichere Woche. Während mein Mann am Samstag Nachmittag in der Synagoge zum Nachmittags- und Abendgebet war, war ich mit den Kindern am aufwachen nach dem Mittagsschlaf, oder auch Schabbesschluf genannt. Wir spielten, lasen ein Buch über Tiere, die fröhlich, bockig und ängstlich sind. Ich ahnte jedoch nicht, dass mich dieses Gefühlschaos auch erwartet.

Die Uhr zeigte auf 17:20. Da sagte ich zu meinem Älteren: „nun ist Shabbat zu Ende“. Er entgegnete: „jetzt kann ich Jeep gucken!“, ein Zeichentrick mit Autos mit großen Rädern. Ich habe schon erwartet, dass dieser Satz kommt. Da wir den Schabbat einhalten, weiss er, dass wir an diesem Tag kein Telefon, Computer etc. benutzen.

Ich  holte als erstes mein Handy, um zu schauen, ob wir was wichtiges verpasst haben. Ich sah mehrere Anrufe von Freunden und Nachbarn, alle etwa zum selben Zeitpunkt und wunderte mich, warum sie uns zum Henker am Schabbat anrufen?!

Also rief ich zurück und erfuhr, dass es einen Terroranschlag in Ra’anana gab, keinen Kilometer von unserem Haus entfernt. Der 20-Jährige Attentäter, der sich illegal aus dem Westjordanland nach Israel eingeschleust hat, kam mit einem Komplizen hierher und stach auf der Strasse auf mehrere Menschen ein und verletzte drei von ihnen.

Meine Nachbarin, die im Sommer aus Slovenien nach Israel kam, weil ihr Mann hier nun in der ersten israelischen Fussball Liga für Hapoel Ra’anana spielt, kam vorbei. Sie erzählte mir, dass sie kurz vor dem Anschlag im Park mit ihrer zweijährigen Tochter war und jetzt sehr ängstlich und verunsichert ist.

Ich kann ihre Sorge natürlich teilen. Doch für uns ist es Alltag. In Israel ist das Alltag. Seit fast 70 Jahren gibt es in Israel Anschläge. Als wir vor fünf Jahren nach Israel zogen, war uns das klar. Meine Sorgen ist jedoch eine andere. Wie die meisten Israelis hoffe ich, dass es endlich Frieden gibt mit den Palästinensern im Westjordanland und Gaza.

Aber die neuste Umfrage zu den Messerattacken seit diesem Sommer zeigt, dass sich zwei Drittel der Palästinenser diese Angriffe auf Israelis gutheissen.

Wie sollen wir unter solchen Voraussetzungen eine Lösung für den Konflikt finden?

Hapoel Ra’anana hat heute 1:0 gegen Bnei Sakin, den einzigen arabischen Club in der israelischen Liga, gewonnen. Der Mann meiner Nachbarin hat mitgespielt.

Gut Schabbes Selfie – Vayigasch

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Eliyah (träumend)

Josef, eine tragische Figur. Diesen Wochenabschnitt lesen wir, wie sich Josefs Traum aus dem Abschnitt Vayeshev erfüllt. Damals träumte Josef, dass seine Brüder sich vor ihm niederwerfen und nun, da es passiert, ist Josef am Ziel?

Als er seinen Traum träumte, war er der Liebling seines Vaters. Besonders durch das besondere, farbenfrohe Kleidungsstück, das sein Vater ihm schneiderte, war es deutlich für alle sichtbar.

Josef überlebte die Gefangenschaft in Ägypten nur, weil er Träume deuten konnte. Wenn man sich die drei genannten Träume ansieht, die des Bäckers, des Weinschenk und des Pharao, dann muss man leider feststellen, dass für die Deutung nicht viel Phantasie vonnöten war. Diese Träume waren alle ziemlich unmissverständlich. Mit G-ttes Hilfe hat er erkannt, dass diese Träume wahrhaftige Visionen sind und hat sie quasi handwerklich geschickt in die Praxis übersetzt.

Tragischerweise hat er seine eigenen Träume falsch, zu phantasievoll gedeutet. Er dachte wohl, er wäre der nächste Führer des Stammes Israel, der Statthalter Jakobs, dessen Liebling er war. Doch es wurde Jehuda. Sein Traum ist genau so praktisch in Erfüllung gegangen, wie die anderen. Die Brüder haben sich tatsächlich vor ihm als König Ägyptens in den Staub geworfen.

Jehuda, der in der vorletzten Woche noch der Hurengänger war, zeigt diese Woche wahre Stärke. Er steht zu seinem Wort und ist bereit, sein Leben für das seines Bruders zu geben. Andere Träume übersetzen und als Pharao umsetzen, das konnte Josef. Aber die Zukunft gehörte ihm nicht.

Firmen-Jahresendfeiern in Tel Aviv

Gestern Abend waren Jenny und ich auf der Jahresendfeier meines Arbeitgebers am Hafen von Tel Aviv.

Jenny und Eliyah auf der Allot Feier Ich habe vorher nie bei einer israelischen Firma gearbeitet und kenne daher nur die Tradition der Weihnachtsfeiern in deutschen Unternehmen. Im Grunde genommen unterscheiden sich beide Feiern kaum. Ich selbst habe sogar mal eine Channukkah-Party für meinen damaligen Arbeitgeber in Hamburg organisiert. Es war eine tolle Party, so toll, dass ich sie in meinem Buch beschrieben habe.

Aber einen Unterschied habe ich gestern bemerkt: Es gab kaum Ledige und Kinderlose auf der Party. Fast jeder hatte einen Babysitter oder die Oma zuhause sitzen. Mein direkter Chef musste früher los, weil es ein „Babysitter-Issue“ gab, wie er sagt.

Daher ist die Party trotz alkoholischer Freigetränke und lauter Musik nicht ausgeartet. Keine Peinlichkeiten, die in die Analen der Firmengeschichte eingehen würden. Am meisten hat man sich zum Affen gemacht, wenn man in so einer zersägten Ente (2CV) auf dem Rücksitz Platz genommen hat und Fotos hat schiessen lassen. Das war es aber auch schon.

Als ich vor gut drei Monaten bei Allot angefangen habe und mir meine neuen Kollegen vorgestellt wurden, sagte man mir zu einem: „Der Rafi* (etwa 35 Jahre alt), der hat noch keine Frau und keine Kinder. Das macht mir Sorgen, kennst Du vielleicht eine Frau für ihn?“

In Israel gibt es ganze drei Monate Mutterschutz und ein Kindergeld, das eher ein Kindertaschengeld ist. In Bussen und Bahnen fahren Kinder nicht grundsätzlich umsonst und kostenlose Kinderbetreuung gibt es erst ab dem Alter von drei Jahren. Mit anderen Worten, es ist verdammt teuer, in diesem ohnehin teuren Land Kinder zu haben. Aber trotzdem haben wir die mit Abstand höchste Geburtenrate aller westlichen Länder.

Warum? Weil es normal ist, weil man nicht als potentiell asozial betrachtet wird, wenn man drei oder mehr Kinder hat, weil Kinder die Zukunft sind. Und weil Gesetze, finanzielle Anreize, Mutterschutz, kostenlose Krippenplätze und was sich der Deutsche Staat sonst noch so überlegt, um die Geburtenrate zu steigern, nichts helfen, wenn die Gesellschaft keine Kinder will.

*Name geändert