
Heute Abend feiert Deutschland Weihnachten. Von mir dazu alles Gute.
Diese Wünsche sind in vielen Fällen bitter nötig. Ich selbst bin wahrscheinlich ausschliesslich deshalb Jude geworden, damit mir dieses Fest erspart bleibt.
Mein Freund Matthias antwortete auf die Frage, wie er und seine Familie denn dieses Jahr Weihnachten feiern werden: Wir essen viel, streiten uns und schenken uns Dinge, von denen wir in spätestens zwei Wochen wissen, dass wir sie nie gebraucht haben. Also, so oder so ähnlich hat er es gesagt.
Und so ähnlich habe ich auch Weihnachten in meiner Kindheit in Erinnerung. Streit und Essen gab es quasi immer. Geschenke auch, um die es dann auch oft noch mehr Streit gab. Der Baum war hübsch, das Essen gut, immerhin.
Der Name des Festes ist interessant. Hier eine Tabelle in verschiedenen Sprachen:
Sprache |
Wort |
Bedeutung |
Englisch |
Christmas
|
Christus (Messias) Fest |
Französisch |
Noël |
Geburtsfest |
Spanisch |
Navidad |
Geburtsfest |
Hebräisch |
(Chag HaMoled) חג המולד |
Geburtsfest |
Italienisch |
Natale |
Geburtsfest |
Dänisch |
Jul |
Germanischer Kalendermonat Dezember |
Holländisch |
Kerstmis |
Christus (Messias) Fest |
Deutsch |
Weihnachten |
Chanukkah |
Die meisten Sprachen nennen das Weihnachtsfest nach dem, was der Überlieferung nach passiert ist: Der Messias (Christ) wurde geboren. Schliesslich feiert man seinen Geburtstag (und acht Tage später, nach guter jüdischer Tradition, seine Beschneidung am 1. Januar). Die Dänen stechen heraus, da sie den Festnamen am Kalender fest machen. Und die Deutschen? Die nennen ihr Lichterfest im Winter einfach Channukkah!
Das hebräische Wort Channukkah bedeutet Weihe. Es geht dabei um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der Entweihung durch die Griechen. Zur Weihung braucht man Olivenöl für den Leuchter und davon war nur noch wenig da, aber wie durch ein Wunder, gerade genug für acht Tage. So lange hat es gedauert, neues Öl zu besorgen.
Warum ich das erzähle? Damit deutlich wird, dass nicht nur der Name fast gleich ist, auch die Bräuche ähneln sich stark:
- Datum: Beides wird am 25. des Monats gefeiert, der im jeweiligen Kalender üblicherweise in die Wintersonnenwende fällt. Also 25. Dezember oder 25. Kislev.
- Abends: In den meisten Ländern wird am 25. tagsüber beschert. In Deutschland aber am 24. Abends. Jüdische Tage und damit auch Feiertage wie Channukkah beginnen abends.
- Kerzen 1: Die Channukkah-Kerzen müssen ins Fenster gestellt werden, da ihr Zweck die öffentliche Verkündung des Channukkah-Wunders ist. In Deutschen Haushalten werden zu Weihnachten die Fenster traditionell mit Kerzenständern und anderen Lichtern geschmückt.
- Kerzen 2: Jeden Tag während des acht Tage andauernden Channukkahfestes zündet man eine zusätzliche Kerze. Im Advent zündet man jeden Adventssonntag eine weitere Kerze.
- Adventskalender: Auch hier werden die Tage gezählt, genau wie bei den acht Channukkah-Kerzen.
- Geschenke: An Channukkah bekommen die Kinder Geschenke oder einfach Channukkah Gelt (mit t, weil es jiddisch ist) und man isst Karotten in Scheiben, die an Geldstücke erinnern sollen.
- Familie: An Channukkah feiert man mit der ganzen Familie. Jeder bekommt seinen eigenen Leuchter. Weihnachten ist ein Familienfest.
- Glühwein: Zugegeben, eher eine zufällige Parallele. Juden trinken eigentlich zu jedem Anlass Wein.
- Weihnachtsmann: Also, wenn Du mich fragst, sieht der aus wie ein Rabbi, dessen Klamotten rot gefärbt sind. Und daran ist ja nur Coca Cola (koscher) schuld (ich weiss, stimmt nicht). Und Bommelmützen tragen die Anhänger von Rabbi Nachman auch.
- Messias: Das ist vielleicht ein wenig weit hergeholt. Aber hey, warum nicht, es geht schliesslich um Religion, da ist argumentativ meist kein Weg zu weit. Channukkah feiert das Olivenölwunder und das hebräische Wort Moschiach (Messias) bedeutet: Der Gesalbte. Die Salbung erfolgt mit Olivenöl.
- Essen: Immer im Januar sind Frauen- und Männerzeitungen voll mit Diättipps. Im Rest des Jahres zwar auch, aber im Januar geht es im Besonderen darum, den sog. Weihnachtsspeck wieder los zu werden. An Channukkah essen wir lauter in Öl gebratene oder gebackene Dinge: Kartoffelpuffer, Pfannkuchen, gebratene Karottenscheiben (s.o.) und vieles mehr. Das Öl setzt sich dann im Körper gerne als Hüftgold ab.
Wie eng und vor allem, wie viel enger als andere Völker die Deutschen und die Juden bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zusammengelebt haben, erahnt man, wenn man sich diese Parallelen ansieht. Nicht umsonst ist das alte hebräische Wort für Deutschland „Medinat Aschkenas“. Aschkenasen sind die nord- und osteuropäischen Juden.
Wir haben Chanukkah schon hinter uns, ihr seid gerade im Weihnachtsendspurt. Ich wünsche allen, die dieses Fest feiern, dass es besinnliche Tage werden, mit schönem Baum, sinnvollen Geschenken, wenig Streit und gutem Essen!