Merry X-mas und frohe Y-nachten 2016!

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An diesem Samstag Abend feiern die Christen (und auch einige Agnostiker) Weihnachten und wir Juden zünden die erste Channukkah-Kerze an. Es werden Christbäume und Channukkahleuchter nebeneinander erstrahlen und die Augen unserer Kinder zum Strahlen bringen.

Ich wünsche also allen, die es feiern, von ganzem Herzen: Frohe Weihnachten!

Diese Wünsche sind in vielen Fällen bitter nötig, nicht nur in diesem Jahr, wo das Fest überschattet wird von dem Anschlag in Berlin. Ich selbst bin wahrscheinlich ausschliesslich deshalb Jude geworden, damit mir dieses Fest erspart bleibt.

Mein Freund Matthias antwortete auf die Frage, wie er und seine Familie denn Weihnachten feiern werden: Wir essen viel, streiten uns und schenken uns Dinge, von denen wir in spätestens zwei Wochen wissen, dass wir sie nie gebraucht haben. Also, so oder so ähnlich hat er es gesagt.

Und so ähnlich habe ich auch Weihnachten in meiner Kindheit in Erinnerung. Streit und Essen gab es quasi immer. Geschenke auch, um die es dann auch oft noch mehr Streit gab. Der Baum war hübsch, das Essen gut, immerhin.

Der Name des Festes ist interessant. Hier eine Tabelle in verschiedenen Sprachen:

Sprache Wort Bedeutung
Englisch
Christmas
Christus (Messias) Fest
Französisch Noël Geburtsfest
Spanisch Navidad Geburtsfest
Hebräisch (Chag HaMoled) חג המולד Geburtsfest
Italienisch Natale Geburtsfest
Dänisch Jul Germanischer Kalendermonat Dezember
Holländisch Kerstmis Christus (Messias) Fest
Deutsch Weihnachten Chanukkah

Die meisten Sprachen nennen das Weihnachtsfest nach dem, was der Überlieferung nach passiert ist: Der Messias (Christ) wurde geboren. Schliesslich feiert man seinen Geburtstag (und acht Tage später, nach guter jüdischer Tradition, seine Beschneidung am 1. Januar). Die Dänen stechen heraus, da sie den Festnamen am Kalender fest machen. Und die Deutschen? Die nennen ihr Lichterfest im Winter einfach Channukkah!

Das hebräische Wort Channukkah bedeutet Weihe. Es geht dabei um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der Entweihung durch die Griechen. Zur Weihung braucht man Olivenöl für den Leuchter und davon war nur noch wenig da, aber wie durch ein Wunder, gerade genug für acht Tage. So lange hat es gedauert, neues Öl zu besorgen.

Warum ich das erzähle? Damit deutlich wird, dass nicht nur der Name fast gleich ist, auch die Bräuche ähneln sich stark:

  • Datum: Beides wird am 25. des Monats gefeiert, der im jeweiligen Kalender üblicherweise in die Wintersonnenwende fällt. Also 25. Dezember oder 25. Kislev.
  • Abends: In den meisten Ländern wird am 25. tagsüber beschert. In Deutschland aber am 24. Abends. Jüdische Tage und damit auch Feiertage wie Channukkah beginnen abends.
  • Kerzen 1: Die Channukkah-Kerzen müssen ins Fenster gestellt werden, da ihr Zweck die öffentliche Verkündung des Channukkah-Wunders ist. In Deutschen Haushalten werden zu Weihnachten die Fenster traditionell mit Kerzenständern und anderen Lichtern geschmückt.
  • Kerzen 2: Jeden Tag während des acht Tage andauernden Channukkahfestes zündet man eine zusätzliche Kerze. Im Advent zündet man jeden Adventssonntag eine weitere Kerze.
  • Adventskalender: Auch hier werden die Tage gezählt, genau wie bei den acht Channukkah-Kerzen.
  • Geschenke: An Channukkah bekommen die Kinder Geschenke oder einfach Channukkah Gelt (mit t, weil es jiddisch ist) und man isst Karotten in Scheiben, die an Geldstücke erinnern sollen.
  • Familie: An Channukkah feiert man mit der ganzen Familie. Jeder bekommt seinen eigenen Leuchter. Weihnachten ist ein Familienfest.
  • Glühwein: Zugegeben, eher eine zufällige Parallele. Juden trinken eigentlich zu jedem Anlass Wein.
  • Weihnachtsmann: Also, wenn Du mich fragst, sieht der aus wie ein Rabbi, dessen Klamotten rot gefärbt sind. Und daran ist ja nur Coca Cola (koscher) schuld (ich weiss, stimmt nicht). Und Bommelmützen tragen die Anhänger von Rabbi Nachman auch.
  • Messias: Das ist vielleicht ein wenig weit hergeholt. Aber hey, warum nicht, es geht schliesslich um Religion, da ist argumentativ meist kein Weg zu weit. Channukkah feiert das Olivenölwunder und das hebräische Wort Moschiach (Messias) bedeutet: Der Gesalbte. Die Salbung erfolgt mit Olivenöl.
  • Essen: Immer im Januar sind Frauen- und Männerzeitungen voll mit Diättipps. Im Rest des Jahres zwar auch, aber im Januar geht es im Besonderen darum, den sog. Weihnachtsspeck wieder los zu werden. An Channukkah essen wir lauter in Öl gebratene oder gebackene Dinge: Kartoffelpuffer, Pfannkuchen, gebratene Karottenscheiben (s.o.) und vieles mehr. Das Öl setzt sich dann im Körper gerne als Hüftgold ab.

Wie eng und vor allem, wie viel enger als andere Völker die Deutschen und die Juden bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zusammengelebt haben, erahnt man, wenn man sich diese Parallelen ansieht. Nicht umsonst ist das alte hebräische Wort für Deutschland „Medinat Aschkenas“. Aschkenasen sind die nord- und osteuropäischen Juden.

Ich wünsche allen, die dieses Fest feiern, dass es besinnliche Tage werden, mit schönem Baum, sinnvollen Geschenken, wenig Streit und gutem Essen!

P.S.: Zugegeben, dieser Text erschien fast wortgleich bereits letztes Jahr, aber warum ihn so weit unten im Blog versauern lassen, wenn er doch heuer wieder so gut passt!

Berlin: Warum nur so zaghaft informieren? 2. Teil

Der Verdächtige, auf den die Beschreibung aus dem letzten Beitrag passt, die auch von Tagesschau und Tagesthemen verbreitet wurde, war wohl doch nicht der Täter. Der Pakistaner wurde inzwischen auch wieder auf freien Fuss gesetzt. Das erinnert uns daran, dass bis eine Information gesichert ist, manchmal viel Zeit ins Land gehen kann, selbst bei auf den ersten Blick eindeutigen Indizien. Doch wer daraus schliesst, man darf nichts berichten und muss den Stand der Ermittlungen verschweigen, bis es gesicherte Erkenntnisse gibt, lebt in der falschen Epoche. Wenn in Zeiten von Social Media schon so viele andere Quellen, ob nun vertrauenswürdig oder nicht, Informationen verbreiten, dann wird das Schweigen für ein Leitmedium zu einer Aussage. Die übermässige Vorsicht der Tagesschau hat auch sie nicht davor bewahrt, einen falschen Verdächtigen zu präsentieren. Aber das Gute an der Reichweite solcher Medien ist: Sie können effektiv richtigstellen, wenn sie falsch berichtet haben. Kleinere Medien werden mit ihren einzelnen Nachrichten schnipselweise in Online-Posts auf Facebook, Twitter und Co. verteilt und bleiben ohne Chance, alle Leser einer Nachricht auch mit einer Richtigstellung zu erreichen.

Es dauert wohl noch ein wenig, bis diese Erkenntnis bei der Tagesschau angekommen ist.

Berlin: Warum nur so zaghaft informieren?

Ingo Zamperoni von den Tagesthemen in der ARD hatte gestern Abend wirklich keinen leichten Job. Er musste durch eine Livesendung führen mit Live-Schalten zu Leuten, die im Grunde genommen meistens keine neuen Informationen hatten. Und er selbst hatte auch kaum Neuigkeiten zu verbreiten. Trotzdem musste er reden und reden und reden.

Ingo hatte einen schweren Job gestern Abend

Nach dem Anschlag in Berlin auf dem Breitscheidplatz gestern Abend war relativ schnell klar:

  • Es gab viele Tote und Verletzte
  • Das Tatwerkzeug war ein Sattelschlepper
  • Der Fahrer war flüchtig und wurde gefasst

Eigentlich war dadurch deutlich, dass es sich nicht um einen Unfall handelte sondern um eine absichtlich herbeigeführte Tat. Technisches Versagen der Bremsen kann ohne Betrachtung des Fahrzeuges ausgeschlossen werden. Ich selbst habe eine LKW-Führerschein und der Hauptunterschied zwischen einem Auto und einem LKW ist das Bremssystem: Ist es kaputt, blockieren die Räder beim LKW während ein PKW nicht mehr bremsen kann.

Trotzdem betonte Ingo gebetsmühlenartig immer und immer wieder, dass man nichts genaues weiss. Und das stimmte einfach nicht. Die Polizei wollte nur nichts sagen.

Der Täter war nach einer gefühlten halben Stunde gefasst. Eine Täterbeschreibung hätte also vorliegen können, eventuell sogar die Identität und die Herkunft, die in diesem Fall durchaus für die Tat relevant ist. Wäre das nicht so, würde die ARD heute nicht berichten, dass es sich im einen Pakistaner handelt.

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Die Motivation des Täters ist bis heute unklar, auch wenn sich ISIS bereits bekannt haben soll für den Anschlag. Die würden sich aber auch für einen Ladendiebstahl in einem koscheren Supermarkt bekennen. Aber folgendes war auch sofort klar:

  • Es war ein Anschlag
  • Es war kein Amoklauf
  • Es war kein Unfall

Es ist mir unverständlich, warum die Polizei und die Medien so herumgeeiert haben, so um den heissen Brei geredet haben. Das führte zu Spekulationen, die schlimmer als die Wahrheit sind, die irgendwann sowieso rauskommt.

Hier in Israel gibt es nach einem Unglück meist nach spätestens 30 Minuten eine Einschätzung der Polizei, ob es sich um einen Terroranschlag gehandelt hat oder nicht und wenn ja, eine Beschreibung und den Wohnort des Täters. Das beruhigt die Menschen, da sie glauben, die Polizei macht ihre Arbeit und hat die Situation jetzt unter Kontrolle.

Und bis die Meldung kommt, hoffen alle, dass es „nur“ ein Unfall war. Und das ist der Unterschied zu Deutschland:

Nichts wird gesagt und alle hoffen, es war ein Anschlag. Denn dann können sie sagen: „Ich habe es doch gewusst, lange bevor die Lügenpresse es zugegeben hat“.

Channukah – richtig vorbereiten

channukkah_nowChannukkah ist der wichtigste Feiertag im jüdischen Kalender! Mit Abstand. Also, von den wirklichen Feiertagen mal abgesehen. So bereitet man sich am besten darauf vor in 7 einfachen Schritten:

  1. Flug nach Israel buchen
    (überspringen Sie diesen Punkt, falls Sie sich bereits in Israel aufhalten)
  2. Suchen Sie ein Roladin Café auf
    Nur hier gibt es zu viel Zucker und zu viel Öl mit zu viel zu viel viel. Also genau richtig für den wichtigsten Feiertag.
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  3. Kaufen Sie einen Berliner
    Achtung: In Israel werden sie Sufganiyah genannt! In Berlin wiederum Pfannekuchen. Wenn man ihnen einen verduzt aussehenden Mann aushändigt, der Worte wie „Icke“ und „jaanich“ sagt, haben Sie das falsche Wort bei der Bestellung verwendet!
    Ist der Berliner noch schön verpackt, können Sie ihn mit nach Hause nehmen und dort mit Punkt 4 weitermachen. Ansonsten fahren Sie gleich im Café fort.
  4. Drücken Sie die Füllung in den Berliner
    Eine entsprechend gefüllte Patrone liegt bei und ist bereits an der richtigen Stelle in den Berliner eingeführt!
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  5. Reinbeissen
    und aufessen. Auf keinen Fall etwas davon umstehenden abgeben, die Menge Zucker und Öl in dem Produkt ist auf den Jahresbedarf genau eines Erwachsenen zugeschnitten!img_1728
  6. Verpackung entsorgen
    Achten Sie darauf, Papiermüll und Plastikmüll zu trennen. Sie sind aus Deutschland und da gehört sich das so. Vergessen Sie auf Reisen nicht ihre gute Kinderstube.
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  7. Einen Film gucken
    Es gibt viele Filme zu Channukkah, aber nur einer ist so wirklichkeitsnah und dokumentatorisch korrekt wie dieser hier:https://www.youtube.com/watch?v=4a6WAzstGmA

Fertig! Naja fast. Einen Channukkah-Leuchter und Kerzen sollten Sie noch besorgen und sich noch darüber informieren, was ihre christlichen Nachbarn da eigentlich zur selben Zeit mit dem Tannenbaum im Zimmer (!!) machen.

Aleppo – Von der Welt vergessen

Gestern Nacht kam das Morden in Alleppo zu einem traurigen Höhepunkt. Bitte schaut euch dieses Video an.

Wer glaubt, die Weltgemeinschaft ist zur Stelle, wenn Hilfe gebraucht wird, muss sich spätestens jetzt eingestehen, dass das nicht stimmt. Die UNO ist das Gebäude in New York nicht wert, das es benutzt.

Es hilft wohl nur noch beten. Und weinen.

Das Sterben ist live auf Twitter mitzuverfolgen.

Tachles.ch – Brandstifter gegen Brände

Die Feuer sind gelöscht. Die israelische Feuerwehr hat sie mit Flugzeugen und Schläuchen sowie tatkräftiger Unterstützung vieler Nachbarländer, darunter auch die Feuerwehr der palästinensischen Autonomiebehörde, unter Kontrolle gebracht. Was sie nicht gelöscht hat, besorgte dann der Regen der letzten Tage.

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Am darauf folgenden Wochenende in der Synagoge ging ich wie immer vorbei an Zeitungen, Broschüren und Flugblättern, die sich an religiöse Leser wenden. Ein Flugblatt zeigte ein brennendes Haus und darüber waren die Schlagworte «Facebook», «Internet» und «Whatsapp» gelegt. Die Überschrift war: «Der Feind Nr. 1» An den Seiten stand: «Das Haus steht in Flammen» und «Tausende Häuser zerstört».

Der Ganze Text: https://tachles.ch/magazine/1095/artikel/brandstifter-gegen-braende