Anleitung zum Lügen

Wir Menschen sind schon komisch. Ein weiser Mensch hat mal gesagt: „Das einzige, was gerecht auf der Welt verteilt ist, ist der Verstand. Jeder glaubt, er hat genug davon.“ Ich glaube das natürlich auch von mir selbst und auch ich bin vor anderen Fehleinschätzungen nicht gefeit.

 

Wir Menschen glauben auch, dass wir immun sind gegen Verlockungen der Werbung, dass wir bei der Meinungsbildung uns unseren eigenen Verstandes bedienen und dass wir im Grunde unseres Herzens gut sind.

Eine Überprüfung dieser Axiome erübrigt sich. Macht man sich dennoch die Mühe, so wird man feststellen, dass beispielsweise Werbung eben doch wirkt. Wäre das nicht so, warum würden Unternehmen so viel Geld darin investieren? Und wer elitär annimmt, dass zwar die „breite Masse“ zu doof ist, Werbung bei Kaufentscheidungen auszublenden, man selbst das aber durchaus kann, der leidet an einer fatalen Selbstüberschätzung.

Bei der eigenen Meinung sieht es auch nicht besser aus. Ich bin oft in Diskussionen mit Menschen verwickelt, vornehmlich auf Twitter, die den Staat Israel als abgrundtief böse begreifen und nicht verstehen, warum ich als Zionist dieses Land liebe und verteidige. Die Argumente, die gegen den Staat aufgebracht werden, sind immer wieder die selben: Apartheid, Landraub, Unterdrückung, Besatzung, Völkerrechtsbruch. Manche gehen sogar so weit, uns Israelis einen Genozid zu unterstellen oder Gaza mit einem Nazi-KZ gleichzusetzen.

Das furchtbare ist, diese Menschen glauben tatsächlich, was sie da schreiben. Aber warum?

Die beste Lüge ist eine Wahrheit

Fast allen Vorwürfen gegen den Staat Israel liegt eine Wahrheit zugrunde. Oft ist es sogar so, dass fast alles an dem Vorwurf stimmt. Wenn man also breitärschig gefragt wird, was denn nun gelogen wäre an der Lüge, die man zum X-ten Male aufgetischt bekommt, dann wird man leicht aufs Glatteis geführt. Denn es ist das Weglassen von Details, die Unterstellung einer Absicht, die sich nicht widerlegen lässt und die Entfremdung des Kontextes, was die Wahrheit zur Lüge macht. Beispiele:

Wasser im Westjordanland

Die Versorgungssituation im Westjordanland mit Frischwasser ist nicht ideal. Viele Leitungen sind leck, Brunnenbau wird von Israel reguliert und vielmals untersagt und  Versorgungsausfälle häufig. Auf der Israelischen Seite wiederum ist immer Wasserdruck auf den Leitungen. Diese Fakten spinnt ein „Wissenschaftler“ namens Messerschmidt zur einer Brunnenvergifterlegende zusammen, die die ARD bereitwillig sendet. Dabei ist die Palästinensische Autonomiebehörde für die Instandhaltung der Leitungen zuständig, die „Siedler“ sind genauso betroffen und das Wasser wird trotz häufig fehlender Zahlungen zuverlässig von Israel geliefert. Der Brunnenbau wird reguliert, damit das Grundwasser nicht durch wildes Brunnenbohren absackt und so eine Katastrophe für alle Bewohner verhindert.

Landraubkarte

mapisraelpalestinenopeWer kennt sie nicht, die Karte mit dem angeblichen Landraub der Israelis. Vier Einzelkarten, jede für sich, wenn man sie mit ein wenig gutem Willen beurteilt, aus objektiv richtigen Daten erstellt, ist zusammengenommen eine große Lüge. Sie suggeriert durch die Farbgebung einen Trend, vermischt aber Besiedlung mit Staatlichkeit, Militärpräsenz und UN Teilungsplan und vergleicht damit Äpfel mit Birnen. Außerdem schlägt sie am Anfang unbewohntes Land automatisch „Palästina“ zu, meint damit allerdings ein rein-arabisches Palästina, und am Ende ignoriert es sämtliche arabisch dominierten Gegenden in Israel. Es wird also immer in die Richtung verallgemeinert, in die es gerade passt.

Juden zuerst!

Ein weiterer beliebter Vorwurf ist, dass Juden aus Amerika und anderswo sofort einen Pass bekommen, während den alteingesessenen Arabern im Westjordanland dieses Recht verwehrt bleibt. Es wird ignoriert, dass alle Araber, die in Israelischem Staatsgebiet wohnen ganz selbstverständlich einen Israelischen Pass haben.

Und was soll diese Judenbevorzugung? Wer das ernsthaft fragt, wird sich vielleicht auch darüber aufregen, dass in einem Frauenhaus keine Männer aufgenommen werden. Israel wurde gegründet als Zufluchtsort für alle Juden weltweit. Die zweitgrößte Gruppe an Einwanderern in den letzten Jahren sind Französische Juden, die dem Antisemitismus in Frankreich entfliehen. Auch die Erste Welt ist kein sicherer Hafen mehr für Juden.

Recherchieren hilft auch nicht

Man kann das als überzeugter Antizionist alles nach recherchieren. Aber wir Menschen sind nun mal nicht immer in der Lage, uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen. Selbst wenn wir eine Recherche machen, wir werden in dem Moment aufhören, weiter zu suchen, sobald wir eine Quelle gefunden haben, die unsere Meinung stärkt. Ich will mich da gar nicht ausnehmen.

Das Problem aber ist, dass es so ungleich viele Lügen über Israel aus verschiedensten Quellen gibt, sogar bei der ARD wie oben gezeigt, die man doch als seriös betrachtet, dass man gar nicht lange suchen muss, bis man in seiner Überzeugung über Israel bestärkt wird.

Wir sind die Guten

Und dann kann man beruhigt von sich selbst glauben, dass man im Kampf gegen Israel zu den Guten gehört. Auch da bin ich nicht anders. Ich denke auch von mir, dass ich zu den Guten gehöre. Israel ist nicht das Problem im Nahen Osten, das gelöst werden muss, im Gegenteil! Wir zeigen als einziges Land im ganzen Nahen Osten, dass das Zusammenleben von verschiedensten Ethnien und Religionen im Alltag tatsächlich funktioniert. Trotz der Extremisten von der Hamas und Fatah, deren Geschäft der Hass ist.

17-jähriger Jugendlicher nach Axtangriff von Polizei erschossen

Ach nein, mein Fehler, die Überschrift, die SPON für diesen Anschlag gewählt hat ist: „Mann attackiert Zugreisende mit Axt – vier Schwerverletzte“. Der Jugendliche ist hier ein vollschuldfähiger Mann und sein selbstverschuldeter, wenn auch fremdverursachter Tod wird erst im dritten Satz des Artikels erwähnt. Dieser Terroranschlag fand nicht in Israel sondern in Würzburg statt, daher wurde auf eine Täter-Opfer-Umkehr in der Überschrift verzichtet. Nur Renate Künast ist darüber offenbar traurig (und erntet für ihren Tweet einen wohlverdienten Shitstorm).

@SPON: Gut gemacht! Weiter so! Das nächste Mal auch für Anschläge in Israel (von denen man leider ausgehen muss, dass sie wieder passieren werden).

kuenastschiessen