
Heute wurde unser Kleiner ein Jahr alt. Wir leben zwar seit einem guten halben Jahr in Ra’anana, aber er ist, genau wie sein älterer Bruder, in Jerusalem geboren. Sie sind also beide Jeruschalmies, wie man hier sagt! Gibt es eine berühmtere Stadt auf der Welt, die man sich als Geburtsort aussuchen könnte?
Ausgesucht hat sich der Kleine auch den Termin, denn er kam, und auch hier tat er es seinem großen Bruder gleich, zwei Wochen zu früh, da schon dick und proper, auf die Welt. Wir waren trotzdem überrascht. Wir hatten sogar einen Gast aus Hamburg eingeladen zu uns nach Hause.
Wer in den Kalender guckt wird feststellen, dass der 28. Februar 2015 ein Samstag war. Also ein Schabbat. Los ging es mit der Geburt aber schon am Freitag Abend noch während des Abendgebetes. Unser deutscher Freund hat also nicht mal ein Abendessen von uns bekommen.
Man muss wissen: Wir sind hier relativ allein, zumindest was Familie angeht. Und wir hatten schon ein fast dreijähriges Kind. Was also tun?
Der erste Sohn und der Freund wurden kurzerhand bei den Nachbarn untergebracht. Die haben beide abends durchgefüttert, am Mittag zu ihren Eltern mitgenommen und dann am nächsten Abend, als ich wieder nach Hause gekommen bin, beide wohlbehalten, satt und frisch gewindelt (also, einen von beiden) wieder bei mir abgeliefert. Wow. Das ist mehr als einfach nur Nachbarschaftshilfe. Stimmts?
Heute, ein Jahr später, weit weg von Jerusalem (ganze 80 km!), feiern wir also den ersten Geburtstag. Die meisten Gäste sind Nachbarn und Freunde, die wir hier in Ra’anana kennengelernt haben. Nur drei Familien kannten uns von vorher.
Das Haus war voll, der Kuchen (siehe Bild) von zahlreichen Kindern im Handumdrehen weggefuttert und alle hatten gute Laune. Das Geburstagslied wurde in sieben Sprachen gesungen: Hebräisch, Deutsch, Englisch, Russisch, Ukrainsch, Slowenisch und Französisch.
Und ich? Ich war zutiefst dankbar. Wir wohnen inzwischen in der sechsten Wohnung und in der dritten Stadt seit unserer Einwanderung 2010. Und wir haben überall Hilfe, Freundschaft, Liebe und Unterstützung erfahren, die in diesem wunderbaren Land zwar schon fast selbstverständlich zu sein scheint, die ich aber nie als selbstverständlich hinnehme.
P.S.: Henning, wenn Du das hier liest: Danke Dir vielmals, dass Du damals das alles mitgemacht hast!