Berliner feiern Israel

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Mein Vater auf der Party in Berlin

Letzten Donnerstag feierte Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman mit etwa 1300 geladenen Gästen den 68. Geburtstag Israels im Hotel InterContinental in Berlin. Es gab koschere Häppchen und einen „Überraschungsgast“, der redete und sang.

Er redete dabei auch über meine Frau, meine Kinder und mich:

 

 

 

 

Inzwischen lebt mein Sohn Felix Havemann in Tel Aviv mit seiner Frau und den beiden kleinen Söhnen. Zu meinem Kummer ist er zum Judentum konvertiert.  Der Chabad-Chassidische Rabbiner in Hamburg hat mit ihm zwei Jahre Thora gelernt.  Ich hatte versucht, mein viel zu altes Kind zu retten. Ich sagte: Mensch, Du bist jüdisch genug! Und außerdem ist es sehr unjüdisch, zum Judentum zu konvertieren! Die Juden missionieren doch nicht! Im Gegenteil! Aber zum Glück hat der Sohn nicht auf seinen gottlosen Vater gehört. Ich sehe es ja nun: zu seinem Glück. Er ist längst ein modern orthodoxer Israeli geworden. Und als ich am Anfang dem Amos Oz meinen Kummer klagte, lächelte er abgeklärt und sagte: „Mach Dir keine Sorgen, wenn Dein Felix hier bei uns in Israel lebt, wird er ganz schnell ein ganz normaler Jude.“ Genau so ist es auch gekommen, und ich bin inzwischen glücklich damit, denn nun ist mein Freundes-Land Erez Israel auch mein Sohnes-Land geworden

Ja, er hat zu 100% recht! Es ist mein Glück! Ich lebe in einem wunderbaren Land mit einer wunderbaren Frau und zwei wunderbaren Kindern. Und meine Religion gibt mir den Halt und die Disziplin, die ich brauche, um ein guter Vater und Ehemann zu sein (der ich hoffentlich bin).

Und dass mein Vater mich als religiösen Menschen einen „ganz normalen Juden“ nennt, macht mich sehr glücklich. Nichts anderes will ich sein.

Gedanken zum 8. Mai

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© Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst, Sammlung Iwan Schagin

Heute ist der 8. Mai 2016. Heute ist:

Und als ob das noch nicht genug wäre, ist dieser Tag eingerahmt von den Tagen Jom Hascho’ah, Jom Hasikaron und Jom Ha’atzma’ut.

Ich bin in der DDR geboren und in West-Deutschland und Frankreich aufgewachsen. Wie der 8. Mai in diesen drei Ländern begangen wurde, kann unterschiedlicher nicht sein. Die DDR feierte die Befreiung vom Hitlerfaschismus, kurz „Tag der Befreiung“. Mein Vater telegrafierte daher am 8. Mai 1975 an seine Mutter: Heute hat sich Felix selbst befreit. Etwa anderthalb Jahre später haben meine Mutter und ich uns auch selbst in den Westen befreit. Dort wurde und wird der Feiertag überhaupt nicht begangen. Immerhin haben wir meinen Geburtstag regelmässig weiter gefeiert. Als wir dann, ich war inzwischen elf Jahre alt, nach Frankreich zogen, feierten die Franzosen an meinem Geburtstag den Sieg über Deutschland mit sehr vielen Tricolores und ein paar verschämt aufgestellen Sternenbannern dazwischen.

Das ist doch alles absurd. Die DDR wurde nicht befreit, sie hat ein Regime nur gegen ein neues getauscht. Die BRD wiederum wurde tatsächlich befreit, feiert das aber nicht, weil sie wohl lieber auf diese Freiheit verzichtet hätte. Ausgerechnet Frankreich, das den Krieg als einer der ersten verlor und von Amerikanern befreit werden musste, feiert ausgelassen den eigenen Sieg über ein Deutschland, mit dem sie vorher noch (zugegeben gezwungenermassen) kollaboriert hatten. Und dafür, dass man geboren wurde, kann man nichts. Trotzdem feiert man sich dafür, dabei sollte man doch seine Eltern, allem voran seine Mutter feiern, die einen geboren hat.

Heute ist auch Muttertag, also kann ich meine Mutter doppelt feiern. Doch vor allem kann ich mich freuen, dass ich frei bin, frei mich zu entfalten, auch frei von Deutschland und Frankreich und ihren verqueren (nicht-)Feiern, in meiner neuen Heimat Israel. Ich bin jetzt 41 Jahre alt, verheiratet, habe mit meiner wundervollen Frau zwei ebenso wundervolle Söhne und lebe in einem traumhaft schönen Land. Um mein Glück heute perfekt zu machen ist die olle Honnecker noch gestorben beerdigt worden (danke dafür!) und ich habe in der Synagoge heute morgen zum Neumod (Rosch Chodesch) die Ehre eines Aufrufs zur Torah bekommen.

Diese Woche wird eine kurze Arbeitswoche, denn wir feiern unsere Freiheit als Juden in unserem eigenen Land am Jom Ha’atzmaut. Und das ist für mich der viel gewichtigere Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus und allen anderen Antisemiten dieser Welt. Heute aber ist daher hauptsächlich mein Geburtstag. Glückwünsche dazu sind natürlich willkommen!

UPDATE

Meine Mutter, der ja meine Glückwünsche für heute gelten, weiss es mal wieder genauer: Die Honnecker ist bereits vorgestern gestorben. Die Nachrichten dazu gab es aber erst heute, denn heute landete sie als Festschmauss für die Würmer unter der Erde. Ob die sie mögen werden?