Ukraine – Russland: Wie „Chauvinismus der Großmacht“ beide Länder eint und teilt

Jenny mit fünf Jahren in Dnepr, Ukraine

Europa und die USA sind zurecht besorgt über die aggressive Haltung Russlands. Putin zeigt seit Jahren, dass für ihn Grenzen nur auf dem Papier existieren, Widerspruch nicht geduldet wird und Einhaltung von Menschenrechten in Russland keinen Stellenwert für ihn hat.

Wir konnten beobachten, wie er, seine Parteifreunde, Freunde und Familie sich vom Steuergeld und durch Korruption bereichert haben.

Er saugt wie ein Vampir seine Bevölkerung aus und versucht durch Kriege Stärke zu zeigen um so von den daraus resultierenden innenpolitischen Problemen abzulenken und befeuert Patriotismus zum Machterhalt.

Dieser Mann ist gefährlich für Europa und demokratische Werte und leider hat er auch etwas sehr wertvolles kaputt gemacht, was auch mich persönlich betrifft.

Er zerstört seit ein Paar Jahren bereits die enge Beziehung zwischen der russischen und ukrainischen Bevölkerung. Diese Beziehung ist ganz besonders. Ich will keine Geschichtsstunde abhalten, aber seit Jahrhunderten sind Russland und die Ukraine politisch, wirtschaftlich und kulturell extrem eng verbunden.

Vom Sowjetbürger zum Ukrainer

Als ich 4 Jahre alt war zerbrach die Sowjetunion und wir wurden zu Ukrainern. Nun waren wir ein eigenständiges Land, das sich aus der kommunistischen Diktatur gelöst hat und die eigene Geschichte und Kultur wiederbeleben musste.

Und nicht nur eine eigene Kultur, die Ukraine hat auch eine eigene Sprache, die ich ehrlich gesagt nicht besonders mag. In der jüdischen Grundschule in Dnepr habe ich versucht den Ukrainisch Unterricht zu schwänzen, weil mir die Sprache fremd war. Die Industriestadt Dnepr liegt am gleichnamigen Fluss im russischsprachigen Teil der Ukraine und trotzdem fühlten sich Die Menschen im Osten des Landes als Ukrainer und nicht als Russen. Auch wenn es besonders in den ersten Jahren nach der Eigenständigkeit für viele im Osten der Ukraine nicht leicht war, sich auf Ukrainisch umzustellen.

1996 sind meine Mutter, Großmutter, Urgroßmutter und ich nach Deutschland ausgewandert. Wir haben jedes Jahr unsere Familie in Dnepr besucht und ich sah, wie sich das Land wie selbstverständlich immer mehr auf die neue, nicht-sowjetische, sondern ukrainische Identität umgestellt hat.

Trotzdem blieb immer die enge Beziehung zu Russland erhalten, vor allem im kulturellen Bereich.

Diese enge historische Beziehung zwischen Russland und der Ukraine hat außerdem eine ideelle Gemeinsamkeit.

„Chauvinismus der Großmacht“

Im Russischen gibt es den Begriff „Chauvinismus der Großmacht“, der laut meiner Eltern von allen, die in der Sowjetunion aufgewachsen sind, mit der Muttermilch aufgesogen wurde. Dieses Konzept bedeutet, dass die Interessen des Landes wichtiger als die eigenen, privaten Interessen sind. Das klingt für Europäer*innen seltsam. In Europa und vielen anderen Ländern ist dem Menschen das eigene Wohl und das Wohl der Familie am wichtigsten.

Dieses Konzept hat sich sehr stark in das Unterbewusstsein der Russen und Ukrainer eingebrannt. Doch genau dieser „Chauvinismus“ hilft Putin im eigenen Land und ist kontraproduktiv, um die Ukraine einzunehmen. Denn für die Ukrainer ist dieses Konzept ebenso wichtig.

Der Maidan als Wendepunkt

Ukrainer*innen wollten nie und wollen auch jetzt nicht zu Russland gehören, obwohl für sie Russen wie Schwestern und Brüder sind. Putin hat nach den Maidan Protesten, die unmissverständlich deutlich gemacht haben, dass die Ukraine sich Richtung Europa orientieren will, mit Hilfe der russischen Medien deswegen eine aggressive Propaganda in den Regionen Donezk und Lugansk gestartet.

Meine Tante erzählte mir, dass als sie 2014 kurz vor dem Krieg in Donezk Freunde besucht hat, sie ihr erzählt haben, dass die ukrainische Führung jetzt nachdem, was auf dem Maidan passiert ist, Soldaten nach Donezk schickt, um ihnen Arme und Beine abzuschneiden.

Hochgebildete Menschen in Donezk sind Opfer russischer Propaganda geworden.

Die russischen Separatisten gingen damals so weit, die Juden in der Region aufzurufen, sich registrieren zu kommen, damit die Separatisten sie beschützen können.

Den Wunsch nach einer Öffnung Richtung Westen gibt es bei jungen Russen und jungen Ukrainern gleichermaßen. Und doch hat Putin es geschafft zwei Völker, die freundschaftlicher nicht sein können, langsam auseinander zu reißen. Die Ukrainer und Russen sind sogar in der Diaspora mittlerweile zerstritten. Es herrscht eine eiskalte Stimmung zwischen den Völkern.

Während ich früher, wenn mir jemand sagte, dass sie oder er aus Russland stammt, ich mit Freude antwortete: „Ich bin in der Ukraine geboren, in Deutschland aufgewachsen und lebe jetzt in Israel“, zögere ich jetzt damit.

Zelenskiy

Doch das gefährlichste ist das, was Zelenskiy bei der Münchener Sicherheitskonferenz gesagt hat und wofür er in der Ukraine große Unterstützung bekommen hat.

Er sagte, dass wenn Budapester Memorandum nicht mehr gilt, weil die Ukraine keine Sicherheit nach der Abgabe der Atomwaffen erhalten hat, sie sich nun auch nicht mehr an das Memorandum halten müsse. In Dnepr, wo ich geboren bin, wurden Atomraketen für die Sowjetunion gebaut und in der Nähe von Dnepr in der Stadt „Gelbes Wasser“ gibt es Uranerz.

Das Szenario, dass sich die Ukraine wieder atomar bewaffnen wird, ist also realistisch, was die ganze Situation noch explosiver macht.

Meine Tante sagt: 

Denn worüber sich die Ukrainer*innen einig sind, ist dass der Westen ihnen nicht helfen wird. Die Sanktionen zurzeit betreffen nur die wirtschaftlichen Beziehungen zu russischen Akteuren in Donezk und Lugansk. Meine Tante dazu: „Wollen sie uns verarschen? Welche wirtschaftlichen Beziehungen hat der Westen mit Donbass. Das sind keine Sanktionen, sondern heiße Luft“.

Wenn schon Transparenzgesetz, dann richtig

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Schon Platon wusste:

Das extreme Trachten nach dem, was in der Demokratie als gut gilt, stürzt die Demokratie.

Seid Tagen wird über das umstrittene israelische Gesetz zur Kennzeichnung von NGOs, die über die Hälfte ihrer Gelder von ausländischen Regierungen erhalten, sowohl in Israel als auch im Ausland diskutiert. Ich finde, Israel braucht ein NGO Gesetz, aber definitiv nicht dieses.

Viele deutsche Medien und Politiker vergleichen das „Transparenzgesetz“ mit dem Gesetz, das Putin vor einiger Zeit verabschiedet hat. Es ist jedoch unmaßgeblich, ob ich persönlich gegen das Gesetz bin oder ob deutsche Politiker dagegen sind. Israel ist nun mal eine Demokratie. Wenn das Volk in Israel eine Regierung wählt, das dieses Gesetz verabschiedet, dann ist es absolut demokratisch. Heute wird der Gesetzesentwurf in der Knesset verlesen und darüber abgestimmt.

Schon deshalb finde ich den Vergleich zu Russland so unverschämt. In Russland gibt es keine Opposition. Und erst recht keine Demokratie.

Das heisst nicht, dass man sich nicht kritisch dazu äußern kann. Ich erwarte von der Opposition, dass sie versuchen, das Parlament und die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass das Gesetz nicht in ihrem Interesse ist. Das ist ihre demokratische Pflicht.

Was mich daran stört, ist dass Israel tatsächlich ein NGO Transparenzgesetz benötigt. Jedoch nicht eines, dass die Transparenz der Finanzierung fordert, denn das gibt es bereits, sondern Transparenz der Ausgaben. Zu oft wird das Geld von der EU, UNO oder ausländischen NGOs dazu verwendet, Terrorgruppen in der PA oder Gaza zu unterstützen.

Ich erwarte, dass europäisches Geld nicht dazu verwendet wird, dass in Gaza Tunnels gebaut werden, damit Terroristen nach Israel gelangen können, dass aus UNO Schulen Raketen auf mich und meine Familie abgefeuert werden. Oder dass das Geld dazu verwendet wird, Terrororganisationen mit Waffen auszustatten.