
Um die Frage gleich zu Anfang zu beantworten: Ich hoffe es noch immer. Ich hoffe tatsächlich, dass die Palästinenser, will sagen, die Mehrheit der in Gaza und in der sog. Westbank lebenden Menschen Frieden wollen. Allerdings gibt es deutlich mehr Indizien, die dagegen sprechen als dafür. Das gilt leider auch für die Palästinenser, die im Exil leben.
Viele Menschen glauben aber, dass sie nichts mehr als Frieden für sich wollen. Und das ist verständlich, denn man schliesst von seinen eigenen Bedürfnissen auf die der anderen. Will nicht jeder Mensch in Frieden leben? Will nicht jeder Mensch seine Kinder in Sicherheit aufwachsen sehen? Ja, jeder will Frieden für sich und die meisten ausserdem Frieden für alle anderen Menschen der Welt. Oder etwa nicht?
Wollen Palästinenser einen eigenen Staat?
Beantwortet man die Frage nach Frieden mit „Ja“, dann ist die nächste Frage: Wollen die Palästinenser einen eigenen Staat? Wollen sie selbstbestimmt sein als Teil der Staatengemeinschaft? Oder wollen sie freie, gleichberechtigte Bürger eines bestehenden Staates sein? Wenn ja, welches?
Diese Frage ist nicht neu, auch wenn sie im Zuge des Gaza-Krieges neue Aktualität hat. Sie stellte sich bereits der Britische Aussenminister Ernest Bevin im Februar 1947. Darauf ist die ehemalige MK (Member of Knesset, Abgeordnete im israelischen Parlament) der Arbeiterpartei Dr. Einat Wilf im Zuge ihrer Recherchen für ihr Buch „The War of Return: How Western Indulgence of the Palestinian Dream has Obstructed the Path to Peace“ gestossen.
Ernest Bevin war kein Freund der Juden oder gar des Israelischen Staates. Er hat beispielsweise aktiv die Einwanderung von Juden aus Europa ins Britische Mandatsgebiet Palästina erschwert. In seinen Verantwortungsbereich fiel auch das Mandat im Nahen Osten und er besuchte es und sprach mit den Leuten. Er hat (ja, vor der Gründung Israels) festgestellt, dass zwei Völker in diesem Land leben: Die Araber und die Juden. Und von beiden hat er ihre oberste Priorität für ihre gemeinsame Zukunft im Mandatsgebiet herausfinden wollen. Er kam zu dem folgenden Ergebnis: Die höchste Priorität für Juden ist es, einen eigenen Staat zu haben. Die höchste Priorität für die Araber ist es, dass Juden keinen eigenen Staat bekommen.
Wenn man den Konflikt vor diesem Hintergrund betrachtet, erscheinen die vielen „Neins“ zu Friedensplänen und Angeboten, einen eignen Palästinensischen Staat zu bekommen in einem ganz anderen Licht. Und die Hamas macht auch heute noch sehr deutlich, dass „Kein Staat für Juden“ (oder eher „gar keine Juden“) ihre oberste Priorität ist. Die Formel „Land für Frieden“, die etwa im Krieg mit Ägypten sehr gut funktionierte, kann gar nicht aufgehen, wenn ein eigenes Land gar nicht das strategische Ziel des Gegners ist. Das hatte auch Ernest Bevin verstanden und hielt den Konflikt für unlösbar. Deswegen hat Großbritannien beschlossen, das Mandat and die Vereinten Nationen zurückzugeben, die dann den Teilungsplan beschlossen.
Ernüchternde Umfragewerte
Doch zurück zur Ausgangsfrage. Wollen die Menschen in den Palästinensischen Autonomiegebieten Frieden? Es gibt dazu tatsächlich Umfrageergebnisse von einem Institut mit dem Namen „Arab World for Research and Development“ (AWRAD). Die Umfrage basiert auf Antworten von 668 Teilnehmern. Statistisch gesehen ist eine Stichprobe von 400 oder mehr Leuten repräsentativ, solange die Stichprobe zufällig ist. Die Dokumentation erweckt zumindest den Anschein, dass hier sauber gearbeitet wurde. Die Daten über die Stichproben sind im Dokument.
In der Umfrage haben sie unter anderem gefragt, ob die Bevölkerung in Gaza und Westbank die Terrortaten der Hamas von 7.10.23 unterstützen oder nicht. Das Ergebnis ist ernüchternd: 59% der Befragten äusserten volle Unterstützung für den Terrorangriff (68% in der Westbank, 47% in Gaza), während nur 13% sie komplett ablehnen. Die anderen stehen entweder teilweise dahinter oder sie haben keine Meinung dazu. Das sind keine Menschen, die Frieden mit Juden wollen, höchstens Frieden von Juden.
Umfragen sind verzerrte Bilder der Wirklichkeit
Umfragen zeigen nie die Wahrheit, sondern immer nur ein Bild davon. Das Bild ist, je nachdem wie die Umfrage durchgeführt wurde, mehr oder weniger verzerrt. Als ich etwa in der Umfrage der Friedrich Ebert Stiftung gelesen habe, dass etwa 11,2% der AfD-Mitglieder (und 11,5% der FDP) Antisemitische Einstellungen haben, dachte ich: Moment mal! Ich würde solche Einstellungen deutlich über 95% aller AfD-Mitglieder nachsagen! Wo fängt den Machern der Studie nach Antisemitismus überhaupt an? Erst bei dem Ruf nach Gaskammern oder doch schon etwas früher?

Auch die Umfrage unter den Palästinensern kann man anzweifeln. Man muss auch bedenken, dass die Hamas die Menschen in Gaza gewaltsam indoktriniert seit 20 Jahren. Ich habe allerdings kaum Indizien gefunden, die Gegenteiliges vermuten lassen. Es gab zwar Proteste gegen die Hamas in Gaza letztes Jahr, die teils blutig niedergeschlagen wurden, aber wie viele von denen, die protestiert haben Frieden mit Israel wollen und nicht einfach eine weniger korrupte Regierung, ist völlig unklar. Mir zumindest.
Hoffnung bleibt
Dennoch darf man die Hoffnung nicht aufgeben. Ich hoffe auf einen Frieden. Nur eines muss klar sein: Diesen Frieden kann es niemals mit der Hamas geben, nur ohne sie.

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