„Frag uns Doch!“ – Marina und Eliyah antworten

Twitteruser und ihre Bücher

Heute erschien das Buch „Frag uns Doch!“ von Marina Weisband und mir und mit einem Vorwort von Dr. Michael Blume im S. Fischer Verlag. Das Buch begann mit einem Tweet von Marina vor etwa einem Jahr und heute wird passenderweise meine Timeline bei Twitter mit Fotos von dem Buch geflutet!
Es fühlt sich gut an und auch ein bisschen komisch. Denn alle diese Menschen haben das Buch vor mir in der Hand dank der weniger schnellen Zustellung meines Belegexemplars durch die Israelische Post.

Das Buch ist Aufklärung und Erzählung in einem. Marina und ich gehen auf Fragen von Twitterern ein und erzählen in den Antworten unsere persönliche Verbindung zum Judentum.

Das direkte Feedback der Leser:innen über Twitter ist wirklich etwas Neues für mich. Und es gefällt mir. Denn am Ende will ein Buch nur eines: Die Herzen der Leser berühren. Und wenn man als Autor das miterleben kann, ist es ein besonderes Privileg.

https://www.fischerverlage.de/buch/marina-weisband-eliyah-havemann-frag-uns-doch-9783103974911

Merry X-mas und frohe Y-nachten 2020

weihnukka-kippa

Wir Juden haben heute Abend unsere fünfte Chanukkah-Kerze gezündet. Das Wissen um das Judentum in Deutschland steht im krassen Kontrast zum Interesse der Menschen daran! Das hat Marina Weisband und mich dazu gebracht, eine Reihe von Videos unter dem Namen #FragEinenJuden herauszubringen. Und in diesem Geiste haben Jenny und ich mit tatkräftiger Unterstützung der Kinder ein Video zu Channukah aufgenommen:

Dieses Jahr sind wir dank des hebräischen Kalenders schon lange fertig mit Chanukkah, wenn die Christen ihr Weihnachten feiern. Ich wünsche schon jetzt allen, die es feiern, von ganzem Herzen: Frohe Weihnachten!

Diese Wünsche sind in in diesem Jahr überschattet von dem Lockdown, der coronabedingt das Weihnachtenfeiern in Deutschland stark einschränkt. Ich selbst vermisse Weihnachten nicht, kann mir aber gut vorstellen, dass es vielen Menschen nah geht, ihren Liebsten nicht nah sein zu können.

Mein Freund Matthias antwortete mal auf die Frage, wie er und seine Familie denn Weihnachten feiern werden: Wir essen viel, streiten uns und schenken uns Dinge, von denen wir in spätestens zwei Wochen wissen, dass wir sie nie gebraucht haben. Also, so oder so ähnlich hat er es gesagt.

Und so ähnlich habe ich auch Weihnachten in meiner Kindheit in Erinnerung. Streit und Essen gab es quasi immer. Geschenke auch, um die es dann auch oft noch mehr Streit gab. Der Baum war hübsch, das Essen gut, immerhin.

Der Name des Festes ist interessant. Hier eine Tabelle in verschiedenen Sprachen:

Sprache Wort Bedeutung
Englisch
Christmas
Christus (Messias) Fest
Französisch Noël Geburtsfest
Spanisch Navidad Geburtsfest
Hebräisch (Chag HaMoled) חג המולד Geburtsfest
Italienisch Natale Geburtsfest
Dänisch Jul Germanischer Kalendermonat Dezember
Holländisch Kerstmis Christus (Messias) Fest
Deutsch Weihnachten Chanukkah

Die meisten Sprachen nennen das Weihnachtsfest nach dem, was der Überlieferung nach passiert ist: Der Messias (Christ) wurde geboren. Schließlich feiert man seinen Geburtstag (und acht Tage später, nach guter jüdischer Tradition, seine Beschneidung am 1. Januar). Die Dänen stechen heraus, da sie den Festnamen am Kalender fest machen. Und die Deutschen? Die nennen ihr Lichterfest im Winter einfach Chanukkah!

Das hebräische Wort Chanukkah bedeutet Weihe. Es geht dabei um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der Entweihung durch die Griechen. Zur Weihung braucht man Olivenöl für den Leuchter und davon war nur noch so wenig da, dass es nur einen Tag gereicht hätte. Aber wie durch ein Wunder, hielt das Öl ganze acht Tage. So lange hat es gedauert, neues Öl zu besorgen.

Das ist in etwa so, wie wenn ihr morgens auf dem Smartphone noch 10% Batterie habt, aber es dennoch den ganzen Tag durchhält.

Warum ich das erzähle? Damit deutlich wird, dass nicht nur der Name fast gleich ist, auch die Bräuche von Weihnachten in Deutschland und Channukkah ähneln sich stark:

  • Datum: Beides wird am 25. des Monats gefeiert, der im jeweiligen Kalender üblicherweise in die Wintersonnenwende fällt. Also 25. Dezember oder 25. Kislev.
  • Abends: In den meisten Ländern wird am 25. tagsüber beschert. In Deutschland aber am 24. Abends. Jüdische Tage und damit auch Feiertage wie Chanukkah beginnen abends.
  • Kerzen 1: Die Chanukkah-Kerzen müssen ins Fenster gestellt werden, da ihr Zweck die öffentliche Verkündung des Chanukkah-Wunders ist. In Deutschen Haushalten werden zu Weihnachten die Fenster traditionell mit Kerzenständern und anderen Lichtern geschmückt.
  • Kerzen 2: Jeden Tag während des acht Tage andauernden Chanukkahfestes zündet man eine zusätzliche Kerze. Im Advent zündet man jeden Adventssonntag eine weitere Kerze.
  • Adventskalender: Auch hier werden die Tage gezählt, genau wie bei den acht Chanukkah-Kerzen.
  • Geschenke: Auch an Chanukkah bekommen die Kinder Geschenke oder einfach Chanukkah Gelt (mit t, weil es jiddisch ist) und man isst Karotten in Scheiben, die an Geldstücke erinnern sollen.
  • Familie: An Chanukkah feiert man mit der ganzen Familie. Jeder bekommt seinen eigenen Leuchter. Weihnachten ist ein Familienfest.
  • Glühwein: Zugegeben, eher eine zufällige Parallele. Juden trinken eigentlich zu jedem Anlass Wein.
  • Weihnachtsmann: Also, wenn Du mich fragst, sieht der aus wie ein Rabbi, dessen Klamotten rot gefärbt sind. Und daran ist ja nur Coca Cola (koscher) schuld (ich weiß, stimmt nicht). Und Bommelmützen tragen die Anhänger von Rabbi Nachman auch.
  • Messias: Das ist vielleicht ein wenig weit hergeholt. Aber hey, warum nicht, es geht schließlich um Religion, da ist argumentativ meist kein Weg zu weit. Chanukkah feiert das Olivenölwunder und das hebräische Wort Moschiach (Messias) bedeutet: Der Gesalbte. Die Salbung erfolgt mit Olivenöl.
  • Essen: Immer im Januar sind Frauen- und Männerzeitungen voll mit Diättipps. Im Rest des Jahres zwar auch, aber im Januar geht es im Besonderen darum, den sog. Weihnachtsspeck wieder los zu werden. An Chanukkah essen wir lauter in Öl gebratene oder gebackene Dinge: Kartoffelpuffer, Berliner (Pfannkuchen, Kreppel, etc.), gebratene Karottenscheiben (s.o.) und vieles mehr. Das Öl setzt sich dann im Körper gerne als Hüftgold ab.
  • Ch: Christkind und Channukkah fangen beide mit „Ch“ an. Das ist wohl eher zufällig und es ist deshalb eine Erwähnung wert, weil viel zu viele Menschen unser Fest falsch aussprechen. Das Ch klingt wie das in „Bach“. Und wenn ihr das nicht endlich lernt, sage ich ab heute „Schristkind“

Wie eng und vor allem, wie viel enger als andere Völker die Deutschen und die Juden bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zusammengelebt haben, erahnt man, wenn man sich diese Parallelen ansieht. Nicht umsonst ist das alte hebräische Wort für Deutschland „Medinat Aschkenas“. Aschkenasen sind die nord- und osteuropäischen Juden.

Ich wünsche allen, die dieses Fest feiern, dass es besinnliche Tage werden, mit schönem Baum, sinnvollen Geschenken, wenig Streit und gutem Essen!

P.S.: Zugegeben, dieser Text erschien fast wortgleich bereits letztes, vorletztes, vorvorletztes, vorvorvorletztes und vorvorvorvorletztes Jahr, aber warum ihn so weit unten im Blog versauern lassen, wenn er doch heuer wieder so gut passt!

P.P.S.: Noch mehr Weihnachtsfunfacts gibt es auf Twitter!

#FragEinenJuden – Erklärvideos mit Marina Weisband

Marina Weisband ist eine Jüdin aus Deutschland. Sie nennt sich selbst gläubig, aber nicht religiös. Sie ist vielen Menschen in Deutschland bekannt, da sie lange Zeit das Gesicht und das Herz der Piratenpartei Deutschlands war und auch nach ihrem Ausscheiden dort eine Netzaktivistin und gefragte, kluge Stimme im politischen Diskurs geblieben ist.

Marina fragte auf Twitter ihre Follower: Was wollt ihr zum Judentum wissen? Denn der steigende Antisemitismus, der durch die Anschläge in Halle, Hamburg und Wien mörderisch wurde, lässt sich am effektivsten durch Bildung und Wissen begegnen.

Sie war von der Resonanz selbst überrascht und hat über 200 Fragen eingesammelt. Marina und ich kannten uns da noch nicht persönlich. Ich bot an, ihr bei der Beantwortung der Fragen zu helfen. Sie willigte ein und das Resultat sind bisher 3 Videos unter dem Titel #FragEinenJuden mit den Fragen der User und den Antworten von uns beiden, die wir in einem Rutsch aufgenommen haben und die Karol Kosmonaut dankenswerterweise in leicht verdauliche Häppchen geschnitten hat.

Es werden noch mindestens zwei Videos folgen, die wir auch bereits aufgezeichnet haben, und ich freue mich jetzt schon darauf und darüber und ich bin Marina sehr dankbar, dass sie mich an Bord geholt hat in diesem Projekt. Schaut rein!

Jahresrückblick 2019 – Ziel für 2020 (Menschen)

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Es war eine pure Freude, durch die Bilder von 2019 zu scrollen, um die neun auszusuchen, die ich in eine Collage packe. Erst da wird einem bewusst, was man in einem Jahr alles erlebt hat. Bei mir ist anscheinend doch extrem viel passiert. Wir haben als fünf-köpfige Familie sehr viel zusammen erlebt, die Jungs haben gelernt Fahrrad zu fahren, Rosa hat angefangen zu laufen und Kita angefangen, mein Startup hat an Geschwindigkeit gewonnen und ist gewachsen, ich habe meine zweite Vortragstour mit Baby absolviert, mein Buch weiter geschrieben und zwei Mal die Knesset gewählt. Und das sind nur ein Paar ausgewählte Highlights des Jahres. Aber vor allem habe ich viele tolle Menschen an meiner Seite gehabt und kennen gelernt. Und da kommen wir auch schon zu meinem Hauptziel für 2020 – Menschen.
Ich bin Jemand, der immer Menschen um sich haben muss. Ich lasse mich gerne von Freunden und Bekannten inspirieren und motivieren. Und habe aber auch eine Krankheit, mich mit Menschen zu vergleichen. Das ist durchaus vorteilhaft, wenn man durch das Tun anderer sich Inspirationen holt und neue Ideen entwickelt. Nach dem Motto: „Wow, du hast einen so tollen Artikel geschrieben, ich werde mir jetzt auch vornehmen, einen tollen Artikel zu schreiben.“ Oder: „Du hast diese Konfliktsituation so gut in den Griff bekommen, das mache ich das nächste Mal bei einem Konflikt auch.“ Doch das Vergleichen mit anderen hat auch zwei negative Seiten. Zum einen kann man in eine Art Neidzustand geraten bzw. Unzufriedenheit mit sich selbst, dass man eben nicht das eine oder andere erreicht hat. Zum anderen führt aber das Vergleichen auch dazu, dass man eigene Standards und Werte bei anderen erwartet und einfordert. Das kann sehr unangenehm enden. Das letztere hat mich dieses Jahr mehrmals in sehr unangenehme Situationen gebracht aus denen man nicht so einfach wieder rauskommt. Also habe ich mir zum einen für 2020 vorgenommen, das negative Vergleichen mit Anderen noch mehr unter Kontrolle zu kriegen.
Auf der anderen Seite will ich das positive Vergleichen noch stärker zu betreiben. Ich möchte regelmässig Shout-outs machen über Menschen, die mich inspirieren.
Na da, Lechaim! Frohes Neues Jahr! Wir sind bereit, 2020!

Merry X-mas und frohe Y-nachten 2019

weihnukka-kippa

Wir Juden zünden heute Abend unsere erste Chanukkah-Kerze. Und während wir schon mitten drin sind im Channukkah-Fest und die dritte Kerze auf dem Leuchter brennt, feiern die Christen Weihnachten.

Ich wünsche daher schon jetzt allen, die es feiern, von ganzem Herzen: Frohe Weihnachten!

Diese Wünsche sind in vielen Fällen bitter nötig. Vor allem die Christlichen Gemeinden im Nahen Osten sind so sehr bedroht wie schon lange nicht mehr. Aber auch im ganz privaten Umfeld ist das Fest der Liebe oft auch ein Fest der Hiebe. Ich selbst bin wahrscheinlich ausschließlich deshalb Jude geworden, damit mir dieses Fest erspart bleibt.

Mein Freund Matthias antwortete mal auf die Frage, wie er und seine Familie denn Weihnachten feiern werden: Wir essen viel, streiten uns und schenken uns Dinge, von denen wir in spätestens zwei Wochen wissen, dass wir sie nie gebraucht haben. Also, so oder so ähnlich hat er es gesagt.

Und so ähnlich habe ich auch Weihnachten in meiner Kindheit in Erinnerung. Streit und Essen gab es quasi immer. Geschenke auch, um die es dann auch oft noch mehr Streit gab. Der Baum war hübsch, das Essen gut, immerhin.

Der Name des Festes ist interessant. Hier eine Tabelle in verschiedenen Sprachen:

Sprache Wort Bedeutung
Englisch
Christmas
Christus (Messias) Fest
Französisch Noël Geburtsfest
Spanisch Navidad Geburtsfest
Hebräisch (Chag HaMoled) חג המולד Geburtsfest
Italienisch Natale Geburtsfest
Dänisch Jul Germanischer Kalendermonat Dezember
Holländisch Kerstmis Christus (Messias) Fest
Deutsch Weihnachten Chanukkah

Die meisten Sprachen nennen das Weihnachtsfest nach dem, was der Überlieferung nach passiert ist: Der Messias (Christ) wurde geboren. Schließlich feiert man seinen Geburtstag (und acht Tage später, nach guter jüdischer Tradition, seine Beschneidung am 1. Januar). Die Dänen stechen heraus, da sie den Festnamen am Kalender fest machen. Und die Deutschen? Die nennen ihr Lichterfest im Winter einfach Chanukkah!

Das hebräische Wort Chanukkah bedeutet Weihe. Es geht dabei um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der Entweihung durch die Griechen. Zur Weihung braucht man Olivenöl für den Leuchter und davon war nur noch so wenig da, dass es nur einen Tag gereicht hätte. Aber wie durch ein Wunder, hielt das Öl ganze acht Tage. So lange hat es gedauert, neues Öl zu besorgen.

Das ist in etwa so, wie wenn ihr morgens auf dem Smartphone noch 10% Batterie habt, aber es dennoch den ganzen Tag durchhält.

Warum ich das erzähle? Damit deutlich wird, dass nicht nur der Name fast gleich ist, auch die Bräuche von Weihnachten in Deutschland und Channukkah ähneln sich stark:

  • Datum: Beides wird am 25. des Monats gefeiert, der im jeweiligen Kalender üblicherweise in die Wintersonnenwende fällt. Also 25. Dezember oder 25. Kislev.
  • Abends: In den meisten Ländern wird am 25. tagsüber beschert. In Deutschland aber am 24. Abends. Jüdische Tage und damit auch Feiertage wie Chanukkah beginnen abends.
  • Kerzen 1: Die Chanukkah-Kerzen müssen ins Fenster gestellt werden, da ihr Zweck die öffentliche Verkündung des Chanukkah-Wunders ist. In Deutschen Haushalten werden zu Weihnachten die Fenster traditionell mit Kerzenständern und anderen Lichtern geschmückt.
  • Kerzen 2: Jeden Tag während des acht Tage andauernden Chanukkahfestes zündet man eine zusätzliche Kerze. Im Advent zündet man jeden Adventssonntag eine weitere Kerze.
  • Adventskalender: Auch hier werden die Tage gezählt, genau wie bei den acht Chanukkah-Kerzen.
  • Geschenke: Auch an Chanukkah bekommen die Kinder Geschenke oder einfach Chanukkah Gelt (mit t, weil es jiddisch ist) und man isst Karotten in Scheiben, die an Geldstücke erinnern sollen.
  • Familie: An Chanukkah feiert man mit der ganzen Familie. Jeder bekommt seinen eigenen Leuchter. Weihnachten ist ein Familienfest.
  • Glühwein: Zugegeben, eher eine zufällige Parallele. Juden trinken eigentlich zu jedem Anlass Wein.
  • Weihnachtsmann: Also, wenn Du mich fragst, sieht der aus wie ein Rabbi, dessen Klamotten rot gefärbt sind. Und daran ist ja nur Coca Cola (koscher) schuld (ich weiß, stimmt nicht). Und Bommelmützen tragen die Anhänger von Rabbi Nachman auch.
  • Messias: Das ist vielleicht ein wenig weit hergeholt. Aber hey, warum nicht, es geht schließlich um Religion, da ist argumentativ meist kein Weg zu weit. Chanukkah feiert das Olivenölwunder und das hebräische Wort Moschiach (Messias) bedeutet: Der Gesalbte. Die Salbung erfolgt mit Olivenöl.
  • Essen: Immer im Januar sind Frauen- und Männerzeitungen voll mit Diättipps. Im Rest des Jahres zwar auch, aber im Januar geht es im Besonderen darum, den sog. Weihnachtsspeck wieder los zu werden. An Chanukkah essen wir lauter in Öl gebratene oder gebackene Dinge: Kartoffelpuffer, Berliner (Pfannkuchen, Kreppel, etc.), gebratene Karottenscheiben (s.o.) und vieles mehr. Das Öl setzt sich dann im Körper gerne als Hüftgold ab.

Wie eng und vor allem, wie viel enger als andere Völker die Deutschen und die Juden bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zusammengelebt haben, erahnt man, wenn man sich diese Parallelen ansieht. Nicht umsonst ist das alte hebräische Wort für Deutschland „Medinat Aschkenas“. Aschkenasen sind die nord- und osteuropäischen Juden.

Ich wünsche allen, die dieses Fest feiern, dass es besinnliche Tage werden, mit schönem Baum, sinnvollen Geschenken, wenig Streit und gutem Essen!

P.S.: Zugegeben, dieser Text erschien fast wortgleich bereits letztes, vorletztes, vorvorletztes und vorvorvorletztes Jahr, aber warum ihn so weit unten im Blog versauern lassen, wenn er doch heuer wieder so gut passt!

P.P.S.: Noch mehr Weihnachtsfunfacts gibt es auf Twitter!

Merry X-Mas und frohe Y-Nachten 2018

weihnukka-kippa

Am vergangenen Sonntag haben die Christen in Deutschland ihre erste Adventskerze gezündet und wir unsere erste Chanukkah-Kerze. Wenn wir schon lange fertig sind, die achte Kerze abgebrannt ist und die Channukkiah wieder im Regal verstaut ist, zünden die Christen noch die dritte und vierte Kerze auf ihrem Adventskranz. Und dann ist endlich Weihnachten.

Ich wünsche daher schon jetzt allen, die es feiern, von ganzem Herzen: Frohe Weihnachten!

Diese Wünsche sind in vielen Fällen bitter nötig. Vor allem die Christlichen Gemeinden im Nahen Osten sind so sehr bedroht wie schon lange nicht mehr. Aber auch im ganz privaten Umfeld ist das Fest der Liebe oft auch ein Fest der Hiebe. Ich selbst bin wahrscheinlich ausschließlich deshalb Jude geworden, damit mir dieses Fest erspart bleibt.

Mein Freund Matthias antwortete mal auf die Frage, wie er und seine Familie denn Weihnachten feiern werden: Wir essen viel, streiten uns und schenken uns Dinge, von denen wir in spätestens zwei Wochen wissen, dass wir sie nie gebraucht haben. Also, so oder so ähnlich hat er es gesagt.

Und so ähnlich habe ich auch Weihnachten in meiner Kindheit in Erinnerung. Streit und Essen gab es quasi immer. Geschenke auch, um die es dann auch oft noch mehr Streit gab. Der Baum war hübsch, das Essen gut, immerhin.

Der Name des Festes ist interessant. Hier eine Tabelle in verschiedenen Sprachen:

Sprache Wort Bedeutung
Englisch
Christmas
Christus (Messias) Fest
Französisch Noël Geburtsfest
Spanisch Navidad Geburtsfest
Hebräisch (Chag HaMoled) חג המולד Geburtsfest
Italienisch Natale Geburtsfest
Dänisch Jul Germanischer Kalendermonat Dezember
Holländisch Kerstmis Christus (Messias) Fest
Deutsch Weihnachten Chanukkah

Die meisten Sprachen nennen das Weihnachtsfest nach dem, was der Überlieferung nach passiert ist: Der Messias (Christ) wurde geboren. Schließlich feiert man seinen Geburtstag (und acht Tage später, nach guter jüdischer Tradition, seine Beschneidung am 1. Januar). Die Dänen stechen heraus, da sie den Festnamen am Kalender fest machen. Und die Deutschen? Die nennen ihr Lichterfest im Winter einfach Chanukkah!

Das hebräische Wort Chanukkah bedeutet Weihe. Es geht dabei um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der Entweihung durch die Griechen. Zur Weihung braucht man Olivenöl für den Leuchter und davon war nur noch wenig da, aber wie durch ein Wunder, gerade genug für acht Tage. So lange hat es gedauert, neues Öl zu besorgen.

Warum ich das erzähle? Damit deutlich wird, dass nicht nur der Name fast gleich ist, auch die Bräuche ähneln sich stark:

  • Datum: Beides wird am 25. des Monats gefeiert, der im jeweiligen Kalender üblicherweise in die Wintersonnenwende fällt. Also 25. Dezember oder 25. Kislev.
  • Abends: In den meisten Ländern wird am 25. tagsüber beschert. In Deutschland aber am 24. Abends. Jüdische Tage und damit auch Feiertage wie Chanukkah beginnen abends.
  • Kerzen 1: Die Chanukkah-Kerzen müssen ins Fenster gestellt werden, da ihr Zweck die öffentliche Verkündung des Chanukkah-Wunders ist. In Deutschen Haushalten werden zu Weihnachten die Fenster traditionell mit Kerzenständern und anderen Lichtern geschmückt.
  • Kerzen 2: Jeden Tag während des acht Tage andauernden Chanukkahfestes zündet man eine zusätzliche Kerze. Im Advent zündet man jeden Adventssonntag eine weitere Kerze.
  • Adventskalender: Auch hier werden die Tage gezählt, genau wie bei den acht Chanukkah-Kerzen.
  • Geschenke: An Chanukkah bekommen die Kinder Geschenke oder einfach Chanukkah Gelt (mit t, weil es jiddisch ist) und man isst Karotten in Scheiben, die an Geldstücke erinnern sollen.
  • Familie: An Chanukkah feiert man mit der ganzen Familie. Jeder bekommt seinen eigenen Leuchter. Weihnachten ist ein Familienfest.
  • Glühwein: Zugegeben, eher eine zufällige Parallele. Juden trinken eigentlich zu jedem Anlass Wein.
  • Weihnachtsmann: Also, wenn Du mich fragst, sieht der aus wie ein Rabbi, dessen Klamotten rot gefärbt sind. Und daran ist ja nur Coca Cola (koscher) schuld (ich weiß, stimmt nicht). Und Bommelmützen tragen die Anhänger von Rabbi Nachman auch.
  • Messias: Das ist vielleicht ein wenig weit hergeholt. Aber hey, warum nicht, es geht schließlich um Religion, da ist argumentativ meist kein Weg zu weit. Chanukkah feiert das Olivenölwunder und das hebräische Wort Moschiach (Messias) bedeutet: Der Gesalbte. Die Salbung erfolgt mit Olivenöl.
  • Essen: Immer im Januar sind Frauen- und Männerzeitungen voll mit Diättipps. Im Rest des Jahres zwar auch, aber im Januar geht es im Besonderen darum, den sog. Weihnachtsspeck wieder los zu werden. An Chanukkah essen wir lauter in Öl gebratene oder gebackene Dinge: Kartoffelpuffer, Pfannkuchen, gebratene Karottenscheiben (s.o.) und vieles mehr. Das Öl setzt sich dann im Körper gerne als Hüftgold ab.

Wie eng und vor allem, wie viel enger als andere Völker die Deutschen und die Juden bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zusammengelebt haben, erahnt man, wenn man sich diese Parallelen ansieht. Nicht umsonst ist das alte hebräische Wort für Deutschland „Medinat Aschkenas“. Aschkenasen sind die nord- und osteuropäischen Juden.

Ich wünsche allen, die dieses Fest feiern, dass es besinnliche Tage werden, mit schönem Baum, sinnvollen Geschenken, wenig Streit und gutem Essen!

P.S.: Zugegeben, dieser Text erschien fast wortgleich bereits letztes, vorletztes und vorvorletztes Jahr, aber warum ihn so weit unten im Blog versauern lassen, wenn er doch heuer wieder so gut passt!

P.P.S.: Noch mehr Weihnachtsfunfacts gibt es auf Twitter!

TAZ mag doch Rabbiner. Ein bisschen.

TazHeader
Screenshot TAZ.de

Die TAZ hat reagiert. Viele Zuschriften an die Redaktion, unter anderem von der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, dem Zentralrat der Juden in Deutschland und vielen anderen, hat die TAZ zum Nachdenken gebracht. Viele haben dabei auch auf meinen Text verlinkt, auf den der TAZ-Text direkt Bezug nimmt.

Die TAZ beknirscht sich also und rudert zurück. Der ursprüngliche Artikel ist von der Webseite verschwunden und ein neuer Text mit Entschuldigungen und Erklärungen ist online. Ich habe Respekt davor. Fehler einzugestehen ist nie leicht, vor allem nicht öffentlich.

Allerdings war es in diesem Fall fast unausweichlich. Die inhaltlichen Fehler wie die falschen Personalien im Text mussten richtig gestellt werden. Auf die hatte ich mich in meinem Blog-Eintrag gar nicht bezogen, sie zeigen aber wie schlampig die Journalistin und die Redaktion gearbeitet haben. Daher verwundert es kaum, dass ihnen erst im Nachhinein aufgegangen ist, dass ein Wort wie „gleichgeschaltet“ zu benutzen grundsätzlich keine gute Idee ist und insbesondere im Zusammenhang mit Judentum in Deutschland mehr als eine einfache Entgleisung ist.

Die Entschuldigung dafür ist dementsprechend eindeutig ausgefallen. Das ist auch gut so. Aber für den Rest des Artikels finden sich Abwiegelungen und etwas fadenscheinige Relativierungen. So sagen sie zum Vorwurf, Chabad eine Nähe zur Siedlerbewegung in Israel angedichtet zu haben nur, dass Chabad sich eben auch nicht distanziert habe. Sie verlinken als Nachweis auf eine Seite von chabad.org, die sich unkritisch mit jüdischen Bewohnern Judäas und Samarias beschäftigt.

Ein Facebook-User wollte das nicht auf sich beruhen lassen und hat direkt nachgefragt, ob es Belege für die Behauptung gäbe. Die persönliche Antwort an ihn war eindeutig und ich vermisse sie im Artikel auf taz.de:

Lieber xxxxxxxxxxxxx,

leider haben wir keine Belege für die Behauptung, Chabad unterstütze „massiv radikale jüdische Siedler in den besetzten palästinensischen Gebieten“. Wir haben die Information, die in anderen seriösen Quellen und auch schon verschiedentlich in der taz unwidersprochen behauptet wurden, offenbar zu leichtfertig und ohne sie weiter auszuleuchten weiterverbreitet. Wenn Sie dazu Rückfragen haben, melden Sie sich gern.

Mit den besten Grüßen

Wie gesagt, ich freue mich, dass die TAZ Einsicht zeigt, wenn auch nicht die Autorin des Textes selbst. Dennoch bleibt es halbherzig und, wie die Überschrift „Die falsche Sprache benutzt“ zeigt: Es geht ihnen dabei hauptsächlich um die Form und nicht um den Inhalt.

Dass die TAZ diesen Text, wo es um Deutsche Juden in einer Deutschen Stadt, die in Deutschland Rabbiner ordinieren geht, in den Kontext „Schwerpunkt Nahost-Konflikt“ (siehe Screenshot) stellen, zeigt, dass dort noch einiges in der Redaktion an Denkarbeit zu leisten ist. Hoffen wir das Beste.

TAZ mag keine Rabbiner

Dammtor Bahnhof

Ganz in der Nähe des des Bahnhofs Dammtor in der Rothenbaumchausse befindet sich das Chabad Zentrum in Hamburg. Dort wurde mit der finanziellen Unterstützung des jüdischen Unternehmers Garegin Tsaturov das Rabbinerseminar „Or Jonathan“ etabliert. Das Publikationsnetzwerk sz:h hat einen schönen Artikel mit vielen Hintergrundinformationen dazu geschrieben. Ich werde daher die dort genannten Details hier nicht wiederholen.

Ich beim Morgengebet zu Gast im Chabad-Zentrum Hamburg

Der Landesrabbiner Shlomo Bistritzky leitet das Rabbinerseminar (Kollel). Er gehört der Chassidischen Gruppe Chabad an, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Jiddischkeit in die Welt zu tragen. Rabbi Shlomo kommt aus Israel und ist mit seiner Frau Chani vor Jahren nach Hamburg gekommen, um dort diesem Ziel und der Gemeinde zu dienen. Als Chabad-Mitglied hat er mit viel Gegenwind kämpfen müssen, vor allem aus dem alten Gemeindevorstand. Aber die Gemeindemitglieder mögen ihn. Sie mögen seine offene Art, die jedem das Gefühl gibt, willkommen zu sein. Was mich nicht überrascht, aber offenbar für manche unvorstellbar ist, es kommt auch ein Hamburger lesbisches Paar, von denen eine der Frauen eine Kippa trägt, gerne zu Rabbi Shlomos Veranstaltungen.

Unvorstellbar ist das offenbar für Petra Schellen von der TAZ. In ihrem Artikel schreibt sie daher gefühlte Wahrheiten (oder auch alternative Fakten) über Chabad und das Rabbinerseminar und gibt schulmeisterlich Ratschläge, wie die Juden in Deutschland und speziell Hamburg zu leben haben.

Ein paar Dinge will ich hier richtig stellen:

  1. Chabad ist orthodox, aber keine „ultra-orthodoxe Sekte“, wie Schellen behauptet. Eine Sekte separiert sich von Rest der Glaubensgemeinschaft. Chabad tut das Gegenteil. Für sich selbst wählen sie einen „ultra-orthodox“ anmutenden Lebensstil, aber sie erwarten von niemandem, das auch auf sich zu nehmen. Das kann ich aus eigener Erfahrung mit Chabad bezeugen.
  2. Chabad sei den Liberalen suspekt und will aus den Einheitsgemeinden „orthodoxe“ Gemeinden machen, schreibt Schellen. Die Einheitsgemeinden in den meisten Deutschen Städten sind seit je her orthodox geführt und dienen allen Juden, egal welcher Ausprägung. Wäre das nicht so, würde man Juden wie mich, die orthodox leben und Juden, die eine andere Entscheidung für sich getroffen haben, voneinander trennen. Das kann in niemands Interesse sein. Vor allem, da wir nur noch so wenige Juden in Deutschland haben. Chabad will und wird das nicht ändern. Wozu?
  3. Das Rabbinerseminar in Hamburg sei nicht nötig, schreibt Schellen weiter. Wie bitte? Wer entscheidet das? Es gibt nur ein Rabbinerseminar in Berlin, das orthodoxe Rabbiner ausbildet. Das ist genug für ein ganzes Land? Und Schellen entscheidet das auf welcher Grundlage? Das beste Gegenargument liefert sie sogar selbst: Alle Absolventen haben sofort eine Stelle gefunden. Bedarf scheint also da zu sein.
  4. Schellen kritisiert, dass die Studenten des Rabbinerseminars aus anderen Städten stammen. Wie absurd dieser Vorwurf ist, wird jedem bewusst, der sich seine Uni nach Inhalten und nicht nach Standort aussucht. Garegin Tsaturov hat das Seminar finanziert und sich für Hamburg entschieden. Ich kenne seinen persönlichen Grund dafür, aber der tut nichts zur Sache.
  5. Chabad unterstütze laut Schellen radikale Siedler in Israel. Das ist absolut falsch. Chabad ist unpolitisch. Das „Kvar Chabad“ in Israel (Chabad-Dorf) ist in der Nähe Tel Avivs neben dem Flughafen und weit weg von der „Grünen Linie“. Das hat sich Schellen einfach ausgedacht, um Chabad zu diskreditieren. „Siedler“ ist ein Schimpfwort unter Linken.
  6. Zu guter Letzt nimmt Schellen noch das Wirt „gleichgeschaltet“ in den Mund. So ekelhaft es ist, diese Bezeichnung zu verwenden, so sehr verwundert es, da sie doch weiter oben im Text kritisierte, dass es jetzt verschiedene Rabbinerseminare gibt.

Falls irgendjemand bei der TAZ das hier liest: Euer Text ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Und wenn ihn jemand antisemitisch nennt, dann werde ich nicht widersprechen. Ihr nennt ja auch jeden, den ihr nicht mögt einen Siedler. Totschlagargumente unter sich.

Update 25.5.2018

Die TAZ hat den Artikel kommentarlos offline genommen. Immerhin.

Zurück nach zwei Wochen Pause

Zwei Wochen waren wir im Urlaub und daher ist hier im Blog so wenig passiert. Es war schön! Wir entspannten im Nirgendwo an der Flensburger Förde.

Das Wetter war durchwachsen, aber oft heiter. Wir genossen die Abkühlung und sind selbst bei leichtem Regen gerne zum Strand Spazieren gegangen.

Mit der Fähre machten wir einen Tagesausflug nach Sønderborg und sahen unterwegs so viele Segelboote, dass es das Wort in den Wortschatz unseres Kleinsten (2) geschafft hat.

Dann verbrachten wir Zeit in Hamburg mit Familie und Freunden.

Auch einen Tagesausflug im ICE nach Berlin zu meiner Mutter und den Geschwistern war Teil der Reise.

Im Hambuger Park „Planten un Blomen“ gibt es einen Kletterbaum für Kinder und Väter.

Aber jetzt sind wir zurück! Es waren zwei wirklich schöne Wochen. Aber das Schönste am Urlaub ist immer noch das Losfahren und das Nach-Hause-Kommen. Das hat man am deutlichsten bei unserem Ältesten (5) gemerkt. Er hat sich auf beides so sehr gefreut, dass er es jedem ungefragt erzählte: „Wir fliegen morgen nach Raanana! Das ist in Israel!“

Den Sonnenuntergang in Raanana tauchte uns in das Licht, das Heimat bedeutet.