Ukraine – Russland: Wie „Chauvinismus der Großmacht“ beide Länder eint und teilt

Jenny mit fünf Jahren in Dnepr, Ukraine

Europa und die USA sind zurecht besorgt über die aggressive Haltung Russlands. Putin zeigt seit Jahren, dass für ihn Grenzen nur auf dem Papier existieren, Widerspruch nicht geduldet wird und Einhaltung von Menschenrechten in Russland keinen Stellenwert für ihn hat.

Wir konnten beobachten, wie er, seine Parteifreunde, Freunde und Familie sich vom Steuergeld und durch Korruption bereichert haben.

Er saugt wie ein Vampir seine Bevölkerung aus und versucht durch Kriege Stärke zu zeigen um so von den daraus resultierenden innenpolitischen Problemen abzulenken und befeuert Patriotismus zum Machterhalt.

Dieser Mann ist gefährlich für Europa und demokratische Werte und leider hat er auch etwas sehr wertvolles kaputt gemacht, was auch mich persönlich betrifft.

Er zerstört seit ein Paar Jahren bereits die enge Beziehung zwischen der russischen und ukrainischen Bevölkerung. Diese Beziehung ist ganz besonders. Ich will keine Geschichtsstunde abhalten, aber seit Jahrhunderten sind Russland und die Ukraine politisch, wirtschaftlich und kulturell extrem eng verbunden.

Vom Sowjetbürger zum Ukrainer

Als ich 4 Jahre alt war zerbrach die Sowjetunion und wir wurden zu Ukrainern. Nun waren wir ein eigenständiges Land, das sich aus der kommunistischen Diktatur gelöst hat und die eigene Geschichte und Kultur wiederbeleben musste.

Und nicht nur eine eigene Kultur, die Ukraine hat auch eine eigene Sprache, die ich ehrlich gesagt nicht besonders mag. In der jüdischen Grundschule in Dnepr habe ich versucht den Ukrainisch Unterricht zu schwänzen, weil mir die Sprache fremd war. Die Industriestadt Dnepr liegt am gleichnamigen Fluss im russischsprachigen Teil der Ukraine und trotzdem fühlten sich Die Menschen im Osten des Landes als Ukrainer und nicht als Russen. Auch wenn es besonders in den ersten Jahren nach der Eigenständigkeit für viele im Osten der Ukraine nicht leicht war, sich auf Ukrainisch umzustellen.

1996 sind meine Mutter, Großmutter, Urgroßmutter und ich nach Deutschland ausgewandert. Wir haben jedes Jahr unsere Familie in Dnepr besucht und ich sah, wie sich das Land wie selbstverständlich immer mehr auf die neue, nicht-sowjetische, sondern ukrainische Identität umgestellt hat.

Trotzdem blieb immer die enge Beziehung zu Russland erhalten, vor allem im kulturellen Bereich.

Diese enge historische Beziehung zwischen Russland und der Ukraine hat außerdem eine ideelle Gemeinsamkeit.

„Chauvinismus der Großmacht“

Im Russischen gibt es den Begriff „Chauvinismus der Großmacht“, der laut meiner Eltern von allen, die in der Sowjetunion aufgewachsen sind, mit der Muttermilch aufgesogen wurde. Dieses Konzept bedeutet, dass die Interessen des Landes wichtiger als die eigenen, privaten Interessen sind. Das klingt für Europäer*innen seltsam. In Europa und vielen anderen Ländern ist dem Menschen das eigene Wohl und das Wohl der Familie am wichtigsten.

Dieses Konzept hat sich sehr stark in das Unterbewusstsein der Russen und Ukrainer eingebrannt. Doch genau dieser „Chauvinismus“ hilft Putin im eigenen Land und ist kontraproduktiv, um die Ukraine einzunehmen. Denn für die Ukrainer ist dieses Konzept ebenso wichtig.

Der Maidan als Wendepunkt

Ukrainer*innen wollten nie und wollen auch jetzt nicht zu Russland gehören, obwohl für sie Russen wie Schwestern und Brüder sind. Putin hat nach den Maidan Protesten, die unmissverständlich deutlich gemacht haben, dass die Ukraine sich Richtung Europa orientieren will, mit Hilfe der russischen Medien deswegen eine aggressive Propaganda in den Regionen Donezk und Lugansk gestartet.

Meine Tante erzählte mir, dass als sie 2014 kurz vor dem Krieg in Donezk Freunde besucht hat, sie ihr erzählt haben, dass die ukrainische Führung jetzt nachdem, was auf dem Maidan passiert ist, Soldaten nach Donezk schickt, um ihnen Arme und Beine abzuschneiden.

Hochgebildete Menschen in Donezk sind Opfer russischer Propaganda geworden.

Die russischen Separatisten gingen damals so weit, die Juden in der Region aufzurufen, sich registrieren zu kommen, damit die Separatisten sie beschützen können.

Den Wunsch nach einer Öffnung Richtung Westen gibt es bei jungen Russen und jungen Ukrainern gleichermaßen. Und doch hat Putin es geschafft zwei Völker, die freundschaftlicher nicht sein können, langsam auseinander zu reißen. Die Ukrainer und Russen sind sogar in der Diaspora mittlerweile zerstritten. Es herrscht eine eiskalte Stimmung zwischen den Völkern.

Während ich früher, wenn mir jemand sagte, dass sie oder er aus Russland stammt, ich mit Freude antwortete: „Ich bin in der Ukraine geboren, in Deutschland aufgewachsen und lebe jetzt in Israel“, zögere ich jetzt damit.

Zelenskiy

Doch das gefährlichste ist das, was Zelenskiy bei der Münchener Sicherheitskonferenz gesagt hat und wofür er in der Ukraine große Unterstützung bekommen hat.

Er sagte, dass wenn Budapester Memorandum nicht mehr gilt, weil die Ukraine keine Sicherheit nach der Abgabe der Atomwaffen erhalten hat, sie sich nun auch nicht mehr an das Memorandum halten müsse. In Dnepr, wo ich geboren bin, wurden Atomraketen für die Sowjetunion gebaut und in der Nähe von Dnepr in der Stadt „Gelbes Wasser“ gibt es Uranerz.

Das Szenario, dass sich die Ukraine wieder atomar bewaffnen wird, ist also realistisch, was die ganze Situation noch explosiver macht.

Meine Tante sagt: 

Denn worüber sich die Ukrainer*innen einig sind, ist dass der Westen ihnen nicht helfen wird. Die Sanktionen zurzeit betreffen nur die wirtschaftlichen Beziehungen zu russischen Akteuren in Donezk und Lugansk. Meine Tante dazu: „Wollen sie uns verarschen? Welche wirtschaftlichen Beziehungen hat der Westen mit Donbass. Das sind keine Sanktionen, sondern heiße Luft“.

Merry X-mas und frohe Y-nachten 2021

weihnukka-kippa

Wie jedes Jahr in diesem Blog wünsche ich den Lesern Merry X-mas und frohe Y-nachten. Dieses Jahr bat mich die Jüdische Allgemeine um einen Beitrag zu Weihnukka und darin habe ich viele Informationen aus diesem Blogpost verwendet. Hier könnt ihr ihn nachlesen: https://www.juedische-allgemeine.de/meinung/chanukka-macht-den-unterschied/

Wir Juden haben am Sonntag Abend unsere letzte Chanukkah-Kerze gezündet. Jenny und ich haben letztes Jahr mit tatkräftiger Unterstützung der Kinder ein Video zu Channukah aufgenommen:

Dieses Jahr haben wir einen Familienausflug nach Jerusalem unternommen und uns im Jüdischen Viertel die vielen, leuchtenden Channukiot angesehen. Wenn ihr mal zu Channuka in Israel seid, kann ich das nur empfehlen!

Wir sind dank des hebräischen Kalenders schon lange fertig mit Chanukkah, wenn die Christen ihr Weihnachten feiern. Ich wünsche schon jetzt allen, die es feiern, von ganzem Herzen: Frohe Weihnachten!

Diese Wünsche sind in in diesem Jahr schon wieder überschattet von einem drohenden Lockdown und extrem hohen Corona Inzidenzen. Daher wünsche ich allen Lesern natürlich Gesundheit und geimpfte Nachbarn und Freunde. Ich selbst vermisse Weihnachten nicht, kann mir aber gut vorstellen, dass es vielen Menschen nah geht, ihren Liebsten nicht nah sein zu können.

Mein Freund Matthias antwortete mal auf die Frage, wie er und seine Familie denn Weihnachten feiern werden: Wir essen viel, streiten uns und schenken uns Dinge, von denen wir in spätestens zwei Wochen wissen, dass wir sie nie gebraucht haben. Also, so oder so ähnlich hat er es gesagt.

Und so ähnlich habe ich auch Weihnachten in meiner Kindheit in Erinnerung. Streit und Essen gab es quasi immer. Geschenke auch, um die es dann auch oft noch mehr Streit gab. Der Baum war hübsch, das Essen gut, immerhin.

Der Name des Festes ist interessant. Hier eine Tabelle in verschiedenen Sprachen:

SpracheWortBedeutung
Englisch
Christmas
Christus (Messias) Fest
FranzösischNoëlGeburtsfest
SpanischNavidadGeburtsfest
Hebräisch (Chag HaMoled) חג המולדGeburtsfest
ItalienischNataleGeburtsfest
DänischJulGermanischer Kalendermonat Dezember
HolländischKerstmisChristus (Messias) Fest
DeutschWeihnachtenChanukkah

Die meisten Sprachen nennen das Weihnachtsfest nach dem, was der Überlieferung nach passiert ist: Der Messias (Christ) wurde geboren. Schließlich feiert man seinen Geburtstag (und acht Tage später, nach guter jüdischer Tradition, seine Beschneidung am 1. Januar). Die Dänen stechen heraus, da sie den Festnamen am Kalender fest machen. Und die Deutschen? Die nennen ihr Lichterfest im Winter einfach Chanukkah!

Das hebräische Wort Chanukkah bedeutet Weihe. Es geht dabei um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der Entweihung durch die Griechen. Zur Weihung braucht man Olivenöl für den Leuchter und davon war nur noch so wenig da, dass es nur einen Tag gereicht hätte. Aber wie durch ein Wunder, hielt das Öl ganze acht Tage. So lange hat es gedauert, neues Öl zu besorgen.

Das ist in etwa so, wie wenn ihr morgens auf dem Smartphone noch 10% Batterie habt, aber es dennoch den ganzen Tag durchhält.

Warum ich das erzähle? Damit deutlich wird, dass nicht nur der Name fast gleich ist, auch die Bräuche von Weihnachten in Deutschland und Channukkah ähneln sich stark:

  • Datum: Beides wird am 25. des Monats gefeiert, der im jeweiligen Kalender üblicherweise in die Wintersonnenwende fällt. Also 25. Dezember oder 25. Kislev.
  • Abends: In den meisten Ländern wird am 25. tagsüber beschert. In Deutschland aber am 24. Abends. Jüdische Tage und damit auch Feiertage wie Chanukkah beginnen abends.
  • Kerzen 1: Die Chanukkah-Kerzen müssen ins Fenster gestellt werden, da ihr Zweck die öffentliche Verkündung des Chanukkah-Wunders ist. In Deutschen Haushalten werden zu Weihnachten die Fenster traditionell mit Kerzenständern und anderen Lichtern geschmückt.
  • Kerzen 2: Jeden Tag während des acht Tage andauernden Chanukkahfestes zündet man eine zusätzliche Kerze. Im Advent zündet man jeden Adventssonntag eine weitere Kerze.
  • Adventskalender: Auch hier werden die Tage gezählt, genau wie bei den acht Chanukkah-Kerzen.
  • Geschenke: Auch an Chanukkah bekommen die Kinder Geschenke oder einfach Chanukkah Gelt (mit t, weil es jiddisch ist) und man isst Karotten in Scheiben, die an Geldstücke erinnern sollen.
  • Familie: An Chanukkah feiert man mit der ganzen Familie. Jeder bekommt seinen eigenen Leuchter. Weihnachten ist ein Familienfest.
  • Glühwein: Zugegeben, eher eine zufällige Parallele. Juden trinken eigentlich zu jedem Anlass Wein.
  • Weihnachtsmann: Also, wenn Du mich fragst, sieht der aus wie ein Rabbi, dessen Klamotten rot gefärbt sind. Und daran ist ja nur Coca Cola (koscher) schuld (ich weiß, stimmt nicht). Und Bommelmützen tragen die Anhänger von Rabbi Nachman auch.
  • Messias: Das ist vielleicht ein wenig weit hergeholt. Aber hey, warum nicht, es geht schließlich um Religion, da ist argumentativ meist kein Weg zu weit. Chanukkah feiert das Olivenölwunder und das hebräische Wort Moschiach (Messias) bedeutet: Der Gesalbte. Die Salbung erfolgt mit Olivenöl.
  • Essen: Immer im Januar sind Frauen- und Männerzeitungen voll mit Diättipps. Im Rest des Jahres zwar auch, aber im Januar geht es im Besonderen darum, den sog. Weihnachtsspeck wieder los zu werden. An Chanukkah essen wir lauter in Öl gebratene oder gebackene Dinge: Kartoffelpuffer, Berliner (Pfannkuchen, Kreppel, etc.), gebratene Karottenscheiben (s.o.) und vieles mehr. Das Öl setzt sich dann im Körper gerne als Hüftgold ab.
  • Ch: Christkind und Channukkah fangen beide mit „Ch“ an. Das ist wohl eher zufällig und es ist deshalb eine Erwähnung wert, weil viel zu viele Menschen unser Fest falsch aussprechen. Das Ch klingt wie das in „Bach“. Und wenn ihr das nicht endlich lernt, sage ich ab heute „Schristkind“

Wie eng und vor allem, wie viel enger als andere Völker die Deutschen und die Juden bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zusammengelebt haben, erahnt man, wenn man sich diese Parallelen ansieht. Nicht umsonst ist das alte hebräische Wort für Deutschland „Medinat Aschkenas“. Aschkenasen sind die nord- und osteuropäischen Juden.

Ich wünsche allen, die dieses Fest feiern, dass es besinnliche Tage werden, mit schönem Baum, sinnvollen Geschenken, wenig Streit und gutem Essen!

P.S.: Zugegeben, dieser Text erschien fast wortgleich bereits letztes Jahr und die Jahre davor, aber warum ihn so weit unten im Blog versauern lassen, wenn er doch heuer wieder so gut passt!

„Frag uns Doch!“ – Marina und Eliyah antworten

Twitteruser und ihre Bücher

Heute erschien das Buch „Frag uns Doch!“ von Marina Weisband und mir und mit einem Vorwort von Dr. Michael Blume im S. Fischer Verlag. Das Buch begann mit einem Tweet von Marina vor etwa einem Jahr und heute wird passenderweise meine Timeline bei Twitter mit Fotos von dem Buch geflutet!
Es fühlt sich gut an und auch ein bisschen komisch. Denn alle diese Menschen haben das Buch vor mir in der Hand dank der weniger schnellen Zustellung meines Belegexemplars durch die Israelische Post.

Das Buch ist Aufklärung und Erzählung in einem. Marina und ich gehen auf Fragen von Twitterern ein und erzählen in den Antworten unsere persönliche Verbindung zum Judentum.

Das direkte Feedback der Leser:innen über Twitter ist wirklich etwas Neues für mich. Und es gefällt mir. Denn am Ende will ein Buch nur eines: Die Herzen der Leser berühren. Und wenn man als Autor das miterleben kann, ist es ein besonderes Privileg.

https://www.fischerverlage.de/buch/marina-weisband-eliyah-havemann-frag-uns-doch-9783103974911

Israel Airmail

Ein ausgetragenes T-Shirt mit Erinnerungen

Es war 1995. Ich war im Kibbutz Shefayim im Zentrum Israels ein „Mitnadev“. Das kann man als „Volontär“ übersetzen und in Wirklichkeit hat man einfache Arbeiten erledigt und dafür Kost und Logis bekommen. Die Kost teilte man sich mit den Rest der Kibbutznikim, also der Bewohner des Kibbutz und die Logis waren sehr, sehr einfache Zimmer.

Auf diesen Fotos kann man erahnen, wie schäbig die Zimmer tatsächlich waren:

Eliyah in seinem Kibbutzzimmer

Es waren die einzigen Zimmer im gesamten Kibbutz, die keine Klimatisierung hatten. Aber wir Volontäre hatten dennoch eine Menge Spaß. Der Pool stand uns offen, das Mittelmeer war in Laufweite und der Kibbutz war ein kleines Paradies. Ein Mal im Monat bekamen wir Taschengeld und eine touristische Tour zu einem Touriziel in Israel. Ich war am Toten Meer, in stinkenden Heilquellen im Norden, in der Wüste, in Jerusalem und vielen anderen Orten.

Und wir bekamen ein Kontingent an Air-Mail Briefen. Das waren ausgestanzte DIN-A4 große Zettel, die man auf einer Seite beschreiben konnte und dann gedrittelt gefaltet hat und zusammengeklebt hat. Sie waren fertig frankiert für Luftpost in jedes Land der Welt (mit diplomatischen Beziehungen zu Israel) und konnten mit der Adresse beschriftet, aber ohne weiteren Inhalt in den Briefkasten geworfen werden.

Damals gab es kein Email und Fax konnte man nur im Hotel empfangen und verschicken. Diese Briefe waren unsere Kommunikationsbrücke nach Hause. Und auf den Briefen prangte das Luftpost-Logo der Israelischen Post. Das Logo selbst ist ein über die Jahre immer weiter modernisierter Hirsch in Anlehnung an die Torah. Für die Luftpost sind dem Hirsch Flügel gewachsen. Als ich also dieses Shirt sah, musste ich es mir kaufen. Und das könnt ihr jetzt auch:

https://shop.spreadshirt.de/eliyahhavemann/israel+vintage+air+mail-A60bbd54da0e65446eba2baa6

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Merry X-mas und frohe Y-nachten 2020

weihnukka-kippa

Wir Juden haben heute Abend unsere fünfte Chanukkah-Kerze gezündet. Das Wissen um das Judentum in Deutschland steht im krassen Kontrast zum Interesse der Menschen daran! Das hat Marina Weisband und mich dazu gebracht, eine Reihe von Videos unter dem Namen #FragEinenJuden herauszubringen. Und in diesem Geiste haben Jenny und ich mit tatkräftiger Unterstützung der Kinder ein Video zu Channukah aufgenommen:

Dieses Jahr sind wir dank des hebräischen Kalenders schon lange fertig mit Chanukkah, wenn die Christen ihr Weihnachten feiern. Ich wünsche schon jetzt allen, die es feiern, von ganzem Herzen: Frohe Weihnachten!

Diese Wünsche sind in in diesem Jahr überschattet von dem Lockdown, der coronabedingt das Weihnachtenfeiern in Deutschland stark einschränkt. Ich selbst vermisse Weihnachten nicht, kann mir aber gut vorstellen, dass es vielen Menschen nah geht, ihren Liebsten nicht nah sein zu können.

Mein Freund Matthias antwortete mal auf die Frage, wie er und seine Familie denn Weihnachten feiern werden: Wir essen viel, streiten uns und schenken uns Dinge, von denen wir in spätestens zwei Wochen wissen, dass wir sie nie gebraucht haben. Also, so oder so ähnlich hat er es gesagt.

Und so ähnlich habe ich auch Weihnachten in meiner Kindheit in Erinnerung. Streit und Essen gab es quasi immer. Geschenke auch, um die es dann auch oft noch mehr Streit gab. Der Baum war hübsch, das Essen gut, immerhin.

Der Name des Festes ist interessant. Hier eine Tabelle in verschiedenen Sprachen:

Sprache Wort Bedeutung
Englisch
Christmas
Christus (Messias) Fest
Französisch Noël Geburtsfest
Spanisch Navidad Geburtsfest
Hebräisch (Chag HaMoled) חג המולד Geburtsfest
Italienisch Natale Geburtsfest
Dänisch Jul Germanischer Kalendermonat Dezember
Holländisch Kerstmis Christus (Messias) Fest
Deutsch Weihnachten Chanukkah

Die meisten Sprachen nennen das Weihnachtsfest nach dem, was der Überlieferung nach passiert ist: Der Messias (Christ) wurde geboren. Schließlich feiert man seinen Geburtstag (und acht Tage später, nach guter jüdischer Tradition, seine Beschneidung am 1. Januar). Die Dänen stechen heraus, da sie den Festnamen am Kalender fest machen. Und die Deutschen? Die nennen ihr Lichterfest im Winter einfach Chanukkah!

Das hebräische Wort Chanukkah bedeutet Weihe. Es geht dabei um die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der Entweihung durch die Griechen. Zur Weihung braucht man Olivenöl für den Leuchter und davon war nur noch so wenig da, dass es nur einen Tag gereicht hätte. Aber wie durch ein Wunder, hielt das Öl ganze acht Tage. So lange hat es gedauert, neues Öl zu besorgen.

Das ist in etwa so, wie wenn ihr morgens auf dem Smartphone noch 10% Batterie habt, aber es dennoch den ganzen Tag durchhält.

Warum ich das erzähle? Damit deutlich wird, dass nicht nur der Name fast gleich ist, auch die Bräuche von Weihnachten in Deutschland und Channukkah ähneln sich stark:

  • Datum: Beides wird am 25. des Monats gefeiert, der im jeweiligen Kalender üblicherweise in die Wintersonnenwende fällt. Also 25. Dezember oder 25. Kislev.
  • Abends: In den meisten Ländern wird am 25. tagsüber beschert. In Deutschland aber am 24. Abends. Jüdische Tage und damit auch Feiertage wie Chanukkah beginnen abends.
  • Kerzen 1: Die Chanukkah-Kerzen müssen ins Fenster gestellt werden, da ihr Zweck die öffentliche Verkündung des Chanukkah-Wunders ist. In Deutschen Haushalten werden zu Weihnachten die Fenster traditionell mit Kerzenständern und anderen Lichtern geschmückt.
  • Kerzen 2: Jeden Tag während des acht Tage andauernden Chanukkahfestes zündet man eine zusätzliche Kerze. Im Advent zündet man jeden Adventssonntag eine weitere Kerze.
  • Adventskalender: Auch hier werden die Tage gezählt, genau wie bei den acht Chanukkah-Kerzen.
  • Geschenke: Auch an Chanukkah bekommen die Kinder Geschenke oder einfach Chanukkah Gelt (mit t, weil es jiddisch ist) und man isst Karotten in Scheiben, die an Geldstücke erinnern sollen.
  • Familie: An Chanukkah feiert man mit der ganzen Familie. Jeder bekommt seinen eigenen Leuchter. Weihnachten ist ein Familienfest.
  • Glühwein: Zugegeben, eher eine zufällige Parallele. Juden trinken eigentlich zu jedem Anlass Wein.
  • Weihnachtsmann: Also, wenn Du mich fragst, sieht der aus wie ein Rabbi, dessen Klamotten rot gefärbt sind. Und daran ist ja nur Coca Cola (koscher) schuld (ich weiß, stimmt nicht). Und Bommelmützen tragen die Anhänger von Rabbi Nachman auch.
  • Messias: Das ist vielleicht ein wenig weit hergeholt. Aber hey, warum nicht, es geht schließlich um Religion, da ist argumentativ meist kein Weg zu weit. Chanukkah feiert das Olivenölwunder und das hebräische Wort Moschiach (Messias) bedeutet: Der Gesalbte. Die Salbung erfolgt mit Olivenöl.
  • Essen: Immer im Januar sind Frauen- und Männerzeitungen voll mit Diättipps. Im Rest des Jahres zwar auch, aber im Januar geht es im Besonderen darum, den sog. Weihnachtsspeck wieder los zu werden. An Chanukkah essen wir lauter in Öl gebratene oder gebackene Dinge: Kartoffelpuffer, Berliner (Pfannkuchen, Kreppel, etc.), gebratene Karottenscheiben (s.o.) und vieles mehr. Das Öl setzt sich dann im Körper gerne als Hüftgold ab.
  • Ch: Christkind und Channukkah fangen beide mit „Ch“ an. Das ist wohl eher zufällig und es ist deshalb eine Erwähnung wert, weil viel zu viele Menschen unser Fest falsch aussprechen. Das Ch klingt wie das in „Bach“. Und wenn ihr das nicht endlich lernt, sage ich ab heute „Schristkind“

Wie eng und vor allem, wie viel enger als andere Völker die Deutschen und die Juden bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zusammengelebt haben, erahnt man, wenn man sich diese Parallelen ansieht. Nicht umsonst ist das alte hebräische Wort für Deutschland „Medinat Aschkenas“. Aschkenasen sind die nord- und osteuropäischen Juden.

Ich wünsche allen, die dieses Fest feiern, dass es besinnliche Tage werden, mit schönem Baum, sinnvollen Geschenken, wenig Streit und gutem Essen!

P.S.: Zugegeben, dieser Text erschien fast wortgleich bereits letztes, vorletztes, vorvorletztes, vorvorvorletztes und vorvorvorvorletztes Jahr, aber warum ihn so weit unten im Blog versauern lassen, wenn er doch heuer wieder so gut passt!

P.P.S.: Noch mehr Weihnachtsfunfacts gibt es auf Twitter!

#FragEinenJuden – Teil 4

Die ersten drei Teile habt ihr schon gesehen. Jetzt ist nach zwei Wochen Pause der vierte Teil fertig und ich hoffe, ihr seid genau so zufrieden damit wie ich. Noch mindestens ein weiterer Teil ist geplant.

In diesem Teil beantworten wir die Frage nach der jüdischen Küche ganz allgemein. Wollt ihr noch mehr wissen über Essen, Koscherregeln, Traditionelle Gerichte und andere Dinge zur Ernährung der Juden? Ich nenne uns nicht umsonst manchmal „die kulinarische Religion“. Schreibt es hier in die Kommentare oder unter dem Video oder einfach auf Twitter unter den Hashtag #FragEinenJuden!

#FragEinenJuden – Erklärvideos mit Marina Weisband

Marina Weisband ist eine Jüdin aus Deutschland. Sie nennt sich selbst gläubig, aber nicht religiös. Sie ist vielen Menschen in Deutschland bekannt, da sie lange Zeit das Gesicht und das Herz der Piratenpartei Deutschlands war und auch nach ihrem Ausscheiden dort eine Netzaktivistin und gefragte, kluge Stimme im politischen Diskurs geblieben ist.

Marina fragte auf Twitter ihre Follower: Was wollt ihr zum Judentum wissen? Denn der steigende Antisemitismus, der durch die Anschläge in Halle, Hamburg und Wien mörderisch wurde, lässt sich am effektivsten durch Bildung und Wissen begegnen.

Sie war von der Resonanz selbst überrascht und hat über 200 Fragen eingesammelt. Marina und ich kannten uns da noch nicht persönlich. Ich bot an, ihr bei der Beantwortung der Fragen zu helfen. Sie willigte ein und das Resultat sind bisher 3 Videos unter dem Titel #FragEinenJuden mit den Fragen der User und den Antworten von uns beiden, die wir in einem Rutsch aufgenommen haben und die Karol Kosmonaut dankenswerterweise in leicht verdauliche Häppchen geschnitten hat.

Es werden noch mindestens zwei Videos folgen, die wir auch bereits aufgezeichnet haben, und ich freue mich jetzt schon darauf und darüber und ich bin Marina sehr dankbar, dass sie mich an Bord geholt hat in diesem Projekt. Schaut rein!

Israelische Biere Tasting – Video 4

In dem Video Folge vier
Trinken wir nicht nur ein Bier
Über Golan und Politik reden wir
Und auch über das Trump-el-tier

Viel Spass mit dem vierten Video in userer Reihe „Israelische Biere Tasting“, in denen wir Israelische Craft-Biere testen und dabei reden über dies & das. In diesem Video erfährt das Tasting eine (auch für uns!) unerwartete Wendung…

Video 1: Negev
Video 2: Malca
Video 3: Emek Ha’ele

Channukkakitsch!

Bald ist Channukkah! Und wie jedes Jahr, sucht Juna Grossmann auf Twitter den schönsten und absurdesten Chanukkakitsch zusammen. Guckt euch das auf jeden Fall an!

Und dieses Jahr habe ich ein eigenes Stück zur Sammlung hinzugefügt. Ihr könnt diesen kuscheligen Hoodie auf (zugegebenerweise nicht ganz unkontrovers) Spreadshirt kaufen und dann stilecht Kerzen zünden und dabei Schokolade essen.

Alle Gewinne werden in HaselNussTafeln investiert. Und ja, Hanuta ist koscher!