Nein, Herr Merz. Die „Judenfahne“ ist nicht die Flagge Israels, wie Sie beim Wahlkampfabschluss von CDU und CSU in München (ab Minute 40) sagten. Warum nicht? Weil in Israel nicht nur Juden leben, sondern auch Araber:innen und andere, ob muslimisch, drusisch, bahá´í oder christlich oder nichts dergleichen, die diesen Staat ihr Zuhause nennen und diese Fahne auch ihre Flagge ist: 🇮🇱
Warum hat Merz diesen Begriff genutzt?
Es klang fast, als ob er ihn unüberlegt nutzte, denn er korrigierte sich sofort. Und er nutzte ihn in einem Kontext, der Hass auf Juden anprangerte. Welche Prozesse des Unterbewusstseins ihn dazu gebracht haben, ihn zu sagen, darüber kann man nur mutmassen. Es ist nicht abwegig zu glauben, dass das Nazivokabular ihm zu geläufig ist. Auch wenn die Nazis damit die Schwarz-Rot-Goldene Fahne 🇩🇪 meinten. Es kann auch sein, dass er es als Gegenüberstellung zur „Palästinenserfahne 🇵🇸“ meinte, von der er sprach. Das offenbart aber ein anderes Problem der Rechten. Denn Juden und Palästinenser zu Antagonisten zu machen wird von Rechten kultiviert, um ihren eigenen Antisemitismus aus dem Diskurs zu halten und den Fokus auf „die Araber“ zu lenken. Und dieser Antisemitismus ist nicht nur im Rechtsaussen viral. Oft ist er internalisiert, kommt also unbewusst an die Oberfläche und wird von den jeweiligen Menschen vehement bestritten. Für uns Juden ist er aber nicht weniger gefährlich.
Juden vs. Araber?
Juden und Araber gegeneinander auszuspielen, dient also rechten Narrativen. Dabei sollte das Bild geprägt sein von einem Miteinander von Israelis und Palästinensern. Denn eines ist klar: Keine von beiden Gruppen wird in absehbarer Zeit verschwinden. Die Bemühungen der Politik müssen sich daher auf eine mögliche Aussöhnung oder zumindest ein friedliches Nebeneinander konzentrieren. Alles andere wird den Konflikt nur verlängern. Das gilt für Politiker:innen in Israel und auf der ganzen Welt, die sich berufen fühlen, sich in diesen Konflikt einzumischen.
Kümmert euch um Deutschland!
In Deutschland aber sollte dieser im Grunde regionale Konflikt nicht allein im politischen Fokus (siehe Staatsraison) stehen, sondern der Antisemitismus, der Jüd:innen in Deutschland entgegenschlägt. Der linke Antisemitismus, der sich insbesondere auf den „Pro-Palästina“ Demos (die im Grunde Pro-Hamas sind) Bahn bricht, macht dabei inzwischen den größte Posten aus und muss direkt angegangen werden. Nur darf dieser Kampf den gegen Antisemitismus von Rechts nicht überschatten, nur ergänzen! Antisemitismus jeglicher Couleur ist allgegenwärtig, insbesondere auf Deutschen Schulhöfen und in den Sozialen Netzwerken und trifft insbesondere die Jugend.
Merz kann es nicht
Und diesen Schutz jüdischen Lebens in Deutschland traue ich Judenfahne-Merz nicht zu. Auch, weil er dieses vergiftete Wort gewählt hat. Egal aus welchem der genannten möglichen Gründe. Und erst recht nicht, wenn es eine Dogwhistle war. Und das ist kein dumpfes Gefühl in der Magengegend. Kürzungen für Projekte gegen Antisemitismus wurden jetzt schon beschlossen! Es wird in dieser Legislaturperiode schwer bleiben und noch schwerer werden für Jüd:innen in Deutschland. Und das ist eine bittere Erkenntnis. Und dabei haben wir noch nicht mal über die AfD gesprochen.
P.S.: Die einzigen Judenfahnen, die ich kenne sind die nach einem Farbrengen! 🤭🫣

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