Pessach in Äthiopien

aleveleliyah
Alevel und Eliyah im Büro

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In Israel leben viele Juden, die aus Äthiopien geflohen sind. Die Vorfahren dieser Juden verliessen Israel noch vor dem Bau des Zweiten Tempels. Alle Schriften und Feiertage, die danach entstanden sind, sind ihnen daher unbekannt. Dazu gehört der Babylonische Talmud genau wie Purim oder Channukkah.

Dennoch haben sie über ein Jahrtausend ihre Traditionen bewahrt. Einer meiner Arbeitskollegen ist so ein Jude aus Äthiopien. Sein Name ist Alevel Samuel. Er kam als Zwölfjähriger nach Israel und hat mir seine Erinnerungen an Pessach in seinem Geburtsort aufgeschrieben:

Erinnerungen an Äthiopien: Passach in Äthiopien

Ich wurde in einem Dorf in der Region Nord-Gondar in Äthiopien geboren. In unserem Dorf feierten wir die Feiertage anders, als sie in Israel gefeiert werden.
In Vorbereitung auf Passah bauten wir ein völlig neues Haus und Möbel, „Gojobait“ genannt, aus Erde, Lehm und Gras.

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Ein Gojobait in Äthiopien

Die Wände waren fest, aus Lehm gebaut und das Dach wurde mit Schindeln aus Gras gedeckt. Alles wurde gründlich gereinigt.
Wir stellten neue Küchengeräte aus Ton zum Backen und Kochen her. Sie waren handgemacht und wurden in einer speziellen Ecke des Hauses gelagert.
Jede Familie stellte Tongefäße her und brannte sie in einem Feuer, um sie für das Kochen haltbar zu machen.
Auch die Kleidung für Pessach vorzubereiten, war nicht einfach. Die weisse Pessachkleidung wurden zum Fluss zum Waschen gebracht.
Matza Brot wurde entweder aus Israel gebracht oder im Dorf gebacken.
Vor dem Sederabend (Erew Pesach) brachten wir das Passah-Opfer und aßen das Fleisch „in Eile“, wie es in der Torah über die Kinder von Israel heisst, die Ägypten verlassen: „Und so sollt ihr es essen: mit deinen Lenden umgürtet Ihre Schuhe an den Füßen, und Ihre Stöcke in der Hand, und ihr werdet sie in Eile essen – es ist Pessach für HASHEM“. (Exodus 12-11).
Das Lesen der Haggadah wurde in der liturgischen Sprache Ge’ez gehalten und wurde in Amharisch von den Kias (Rabbi) übersetzt.
In den sieben Tagen Chol Hamoed, aßen wir täglich frisch gebackenes ungesäuertes Brot (siehe Video) und Gemüse.
Wir tranken ein besonderes Getränk zu diesen leichten Mahlzeiten. Es wurde aus Zuckerrohr gemacht. Wir mahlen dafür den Rohrstock und erhalten eine Paste. Dieses Getränk hilft bei der Verdauung der ungesäuerten Brote und des Gemüses.
Äthiopischen Juden halten die Gebote, wie sie in der Tora beschrieben sind. Wir pflegen die Tradition unserer Vorfahren seit den Tagen des (ersten) Tempels.
Frohe und koschere Feiertage!

English

Many Ethiopian Jews that fled their homes, live in Israel today. The ancestors of these Jews left Israel before the construction of the Second Temple. All scriptures and holidays that were established after this, are therefor unknown to them. For example the Babylonian Talmud and holidays like Purim or Hanukkah.

But they preserved their traditions for over a millennium. One of my coworkers is such a Jew from Ethiopia.  His  name is Alevel Samuel. He came to Israel at the age of twelve. He shared with me his memories about Pessah in his birthplace, a small village in Ethiopia.

Memories of Ethiopia: Passover in Ethiopia

I was born in a village in the region of North Gondar in Ethiopia. In our village, we celebrated the holidays differently from how they are celebrated in Israel.
In preparation for Passover we built a completely new house and its furniture called „Gojobait“ built from mud, clay and grass. The walls were built of matter like clay and the roof was made of grass shingles. Everything was thoroughly cleaned.
We created new kitchen tools out of clay. They were handmade, for baking and cooking and stored in a special corner.
Each family made clay vessels and burned them in a fire to make them durable for cooking.
Also to prepare the holiday clothing was not simple. The white holiday clothes were brought to the river for washing.
Matza bread was either brought from Israel or baked in the village.
Before the Seder Night (Erev Pessach) we brought the Passover sacrifice and ate the meat „in a hurry“, as it says in the torah about the children of Israel who left Egypt: „And thus shall ye eat it: with your loins girded, your shoes on your feet, and your staff in your hand; and ye shall eat it in haste – It is the HASHEM’s passover.“ (Exodus 12-11).
The reading of the Haggadah was held in the liturgical language Ge’ez, and was translated into Amharic by the Kias (Rabbi).
During the seven days of Chol Hamoed, we only ate newly baked unleavened bread (see video) and vegetables.
We drank a special drink on these light meals. It was made from cane extraction. We grind the cane, squeezing the paste obtained. This drink helps with the digestion of unleavened bread and vegetables.
Ethiopian Jews observe the commandments as they appear in the Torah. Elders maintain the tradition as did our ancestors since the days of the (first) Temple.
Have a happy and kosher holiday!!

Ein Gedanke zu “Pessach in Äthiopien

  1. Danke. Sie legen für sich und Ihre Sache wirklich Ehre ein, ich meine das ernst. Ich freue mich sehr, dass Sie Ihrem äthiopischen Kollegen eine Stimme und seine Geschichte geben – mir macht das Hoffnung. Sie sind einer „von den Guten“, inshallah gibt es noch viel mehr von Ihrer Sorte! Wenn wir uns auf diesem Weg bemühen, dann machen wir die Welt ein bisschen besser.

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