
Update (siehe unten)!
Es ist passiert! Twitter hat mich gesperrt. Mein Profil ist zwar noch einsehbar, aber ich darf selbst nicht mehr darauf zugreifen, bis ich obigen Tweet lösche.
Um herauszufinden, was mir eigentlich vorgeworfen wird, hat Twitter mir erst mal eine gültige Mobilfunknummer abgepresst, an die ein Freischaltcode geschickt wurde. Das hat mich geärgert. Ich wollte eigentlich nicht, dass dieses Unternehmen diese Information von mir bekommt.

Dann habe ich mich geärgert, dass sie diesen Tweet bemängeln. Amalek ist ein biblisches, längst vergessenes Volk und darum ging es auch in der theologischen Diskussion um diesen Tweet herum. Diesen Tweet als Aufforderung zur Tötung zu verstehen, ist also in etwa so, als würde man mir das vorwerfen, wenn ich den Tod aller Orks auf Mordor fordere.
Meine Frau hat meine Sperrung getwittert. Daraus entstand eine lange Diskussion mit überwiegend aufgebrachten Kommentaren.
Ich habe mich aber schnell wieder beruhigt: Der arme Mensch bei Twitter, der diese Sperrungen verantworten muss ist offenbar nicht bibelfest. Das kann ich ihm beim besten Willen nicht vorwerfen. Und auch wenn er aus der Diskussion hätte herauslesen können, dass ich keinen existenten Menschen meine, so ist sein Arbeitspensum wahrscheinlich zu hoch für solche Spitzfindigkeiten. Es handelt sich hier also um ein klassisches False-Positive.
False-Positives kommen vor
False-Positives kommen unweigerlich vor: Unschuldige vor Gericht, die verurteilt werden, ein Virenscanner, der eine Datei fälschlicherweise löscht oder eben eine Klassifizierung eines Facebook-Posts oder Tweets. Die Frage ist also nicht, wie man sie verhindert, sondern wie man damit umgeht.
Maas Gesetz gegen Hatespeech
Das Gesetz gegen Hatespeech im Internet, das Heiko Maas durchsetzen will und am kommenden Montag beschlossen werden soll, soll dafür sorgen, dass „schlimme“ Posts und Tweets schnell gelöscht werden. Es sind Zeitrahmen gesetzt, wie schnell gelöscht werden muss und Strafen angesetzt, falls ein Netzwerk dem nicht nachkommt. Es wird also der Platformbetreiber bestraft für die Gesetzesbrüche seiner Nutzer, die er auch noch selbst und ohne richterlichen Beschluss erkennen soll. Das ist grober Unfug und wird hoffentlich vor dem Verfassungsgericht scheitern.
Und es wird dazu führen, dass eher ein Post zu viel als einer zu wenig gelöscht wird. Die Rate an False-Positives wird also steigen, aber das Gesetz sagt nichts darüber aus, wie damit umgegangen werden soll.
Ungleichheit vor dem Gesetz
Das führt zu einer Ungleichheit vor dem Gesetz. Als Nutzer habe ich den Schaden, so wie in diesem meinen Fall, und kein Gesetz auf meiner Seite.
Ich habe mich bei Twitter über das Aussperren aus meinem Account beschwert. Um 21:19 Uhr am Samstag Abend bekam ich die Bestätigung. Man versprach mir, die Sache innerhalb von sieben Tagen zu klären.
Das Maas Gesetz spricht von Stunden.

Ich sehe das ganze jetzt als Experiment. Wie lange wird Twitter brauchen, bis sie ihren (verzeihlichen) Fehler einsehen und beheben? Werden sie es jemals tun? In spätestens sieben Tagen gebe ich auf und lösche den Tweet. So eine Twitterpause hat auch was. Ich entspanne mich bis dahin etwas. Bis bald!
Update 2. Juli 2017
Ich habe auf den Knopf zum Löschen des Tweets gedrückt, nachdem Twitter sich nicht nur nicht gemeldet hat, sondern meine Beschwerde einfach sang und klanglos geschlossen hat.
https://twitter.com/EliyahHavemann/status/881474499652321280
Natürlich hat der Löschknopf eine rein erzieherische Funktion. Gelöscht war der Tweet ja schon längst.
Ich war bisher sehr gerne auf Twitter unterwegs. Aber die Lockerheit ist jetzt weg. Ich werde wohl unbewusst Selbstzensur üben und nie wieder „falsche“ Worte benutzen.

Sag‘ was dazu!