Zurück nach zwei Wochen Pause

Zwei Wochen waren wir im Urlaub und daher ist hier im Blog so wenig passiert. Es war schön! Wir entspannten im Nirgendwo an der Flensburger Förde.

Das Wetter war durchwachsen, aber oft heiter. Wir genossen die Abkühlung und sind selbst bei leichtem Regen gerne zum Strand Spazieren gegangen.

Mit der Fähre machten wir einen Tagesausflug nach Sønderborg und sahen unterwegs so viele Segelboote, dass es das Wort in den Wortschatz unseres Kleinsten (2) geschafft hat.

Dann verbrachten wir Zeit in Hamburg mit Familie und Freunden.

Auch einen Tagesausflug im ICE nach Berlin zu meiner Mutter und den Geschwistern war Teil der Reise.

Im Hambuger Park „Planten un Blomen“ gibt es einen Kletterbaum für Kinder und Väter.

Aber jetzt sind wir zurück! Es waren zwei wirklich schöne Wochen. Aber das Schönste am Urlaub ist immer noch das Losfahren und das Nach-Hause-Kommen. Das hat man am deutlichsten bei unserem Ältesten (5) gemerkt. Er hat sich auf beides so sehr gefreut, dass er es jedem ungefragt erzählte: „Wir fliegen morgen nach Raanana! Das ist in Israel!“

Den Sonnenuntergang in Raanana tauchte uns in das Licht, das Heimat bedeutet.

Berlin: Warum nur so zaghaft informieren? 2. Teil

Der Verdächtige, auf den die Beschreibung aus dem letzten Beitrag passt, die auch von Tagesschau und Tagesthemen verbreitet wurde, war wohl doch nicht der Täter. Der Pakistaner wurde inzwischen auch wieder auf freien Fuss gesetzt. Das erinnert uns daran, dass bis eine Information gesichert ist, manchmal viel Zeit ins Land gehen kann, selbst bei auf den ersten Blick eindeutigen Indizien. Doch wer daraus schliesst, man darf nichts berichten und muss den Stand der Ermittlungen verschweigen, bis es gesicherte Erkenntnisse gibt, lebt in der falschen Epoche. Wenn in Zeiten von Social Media schon so viele andere Quellen, ob nun vertrauenswürdig oder nicht, Informationen verbreiten, dann wird das Schweigen für ein Leitmedium zu einer Aussage. Die übermässige Vorsicht der Tagesschau hat auch sie nicht davor bewahrt, einen falschen Verdächtigen zu präsentieren. Aber das Gute an der Reichweite solcher Medien ist: Sie können effektiv richtigstellen, wenn sie falsch berichtet haben. Kleinere Medien werden mit ihren einzelnen Nachrichten schnipselweise in Online-Posts auf Facebook, Twitter und Co. verteilt und bleiben ohne Chance, alle Leser einer Nachricht auch mit einer Richtigstellung zu erreichen.

Es dauert wohl noch ein wenig, bis diese Erkenntnis bei der Tagesschau angekommen ist.

Berlin: Warum nur so zaghaft informieren?

Ingo Zamperoni von den Tagesthemen in der ARD hatte gestern Abend wirklich keinen leichten Job. Er musste durch eine Livesendung führen mit Live-Schalten zu Leuten, die im Grunde genommen meistens keine neuen Informationen hatten. Und er selbst hatte auch kaum Neuigkeiten zu verbreiten. Trotzdem musste er reden und reden und reden.

Ingo hatte einen schweren Job gestern Abend

Nach dem Anschlag in Berlin auf dem Breitscheidplatz gestern Abend war relativ schnell klar:

  • Es gab viele Tote und Verletzte
  • Das Tatwerkzeug war ein Sattelschlepper
  • Der Fahrer war flüchtig und wurde gefasst

Eigentlich war dadurch deutlich, dass es sich nicht um einen Unfall handelte sondern um eine absichtlich herbeigeführte Tat. Technisches Versagen der Bremsen kann ohne Betrachtung des Fahrzeuges ausgeschlossen werden. Ich selbst habe eine LKW-Führerschein und der Hauptunterschied zwischen einem Auto und einem LKW ist das Bremssystem: Ist es kaputt, blockieren die Räder beim LKW während ein PKW nicht mehr bremsen kann.

Trotzdem betonte Ingo gebetsmühlenartig immer und immer wieder, dass man nichts genaues weiss. Und das stimmte einfach nicht. Die Polizei wollte nur nichts sagen.

Der Täter war nach einer gefühlten halben Stunde gefasst. Eine Täterbeschreibung hätte also vorliegen können, eventuell sogar die Identität und die Herkunft, die in diesem Fall durchaus für die Tat relevant ist. Wäre das nicht so, würde die ARD heute nicht berichten, dass es sich im einen Pakistaner handelt.

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Die Motivation des Täters ist bis heute unklar, auch wenn sich ISIS bereits bekannt haben soll für den Anschlag. Die würden sich aber auch für einen Ladendiebstahl in einem koscheren Supermarkt bekennen. Aber folgendes war auch sofort klar:

  • Es war ein Anschlag
  • Es war kein Amoklauf
  • Es war kein Unfall

Es ist mir unverständlich, warum die Polizei und die Medien so herumgeeiert haben, so um den heissen Brei geredet haben. Das führte zu Spekulationen, die schlimmer als die Wahrheit sind, die irgendwann sowieso rauskommt.

Hier in Israel gibt es nach einem Unglück meist nach spätestens 30 Minuten eine Einschätzung der Polizei, ob es sich um einen Terroranschlag gehandelt hat oder nicht und wenn ja, eine Beschreibung und den Wohnort des Täters. Das beruhigt die Menschen, da sie glauben, die Polizei macht ihre Arbeit und hat die Situation jetzt unter Kontrolle.

Und bis die Meldung kommt, hoffen alle, dass es „nur“ ein Unfall war. Und das ist der Unterschied zu Deutschland:

Nichts wird gesagt und alle hoffen, es war ein Anschlag. Denn dann können sie sagen: „Ich habe es doch gewusst, lange bevor die Lügenpresse es zugegeben hat“.

Berliner feiern Israel

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Mein Vater auf der Party in Berlin

Letzten Donnerstag feierte Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman mit etwa 1300 geladenen Gästen den 68. Geburtstag Israels im Hotel InterContinental in Berlin. Es gab koschere Häppchen und einen „Überraschungsgast“, der redete und sang.

Er redete dabei auch über meine Frau, meine Kinder und mich:

 

 

 

 

Inzwischen lebt mein Sohn Felix Havemann in Tel Aviv mit seiner Frau und den beiden kleinen Söhnen. Zu meinem Kummer ist er zum Judentum konvertiert.  Der Chabad-Chassidische Rabbiner in Hamburg hat mit ihm zwei Jahre Thora gelernt.  Ich hatte versucht, mein viel zu altes Kind zu retten. Ich sagte: Mensch, Du bist jüdisch genug! Und außerdem ist es sehr unjüdisch, zum Judentum zu konvertieren! Die Juden missionieren doch nicht! Im Gegenteil! Aber zum Glück hat der Sohn nicht auf seinen gottlosen Vater gehört. Ich sehe es ja nun: zu seinem Glück. Er ist längst ein modern orthodoxer Israeli geworden. Und als ich am Anfang dem Amos Oz meinen Kummer klagte, lächelte er abgeklärt und sagte: „Mach Dir keine Sorgen, wenn Dein Felix hier bei uns in Israel lebt, wird er ganz schnell ein ganz normaler Jude.“ Genau so ist es auch gekommen, und ich bin inzwischen glücklich damit, denn nun ist mein Freundes-Land Erez Israel auch mein Sohnes-Land geworden

Ja, er hat zu 100% recht! Es ist mein Glück! Ich lebe in einem wunderbaren Land mit einer wunderbaren Frau und zwei wunderbaren Kindern. Und meine Religion gibt mir den Halt und die Disziplin, die ich brauche, um ein guter Vater und Ehemann zu sein (der ich hoffentlich bin).

Und dass mein Vater mich als religiösen Menschen einen „ganz normalen Juden“ nennt, macht mich sehr glücklich. Nichts anderes will ich sein.

Israelischer NeuStart-up in Berlin

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Für Israelis ist Deutschland stark vorbelastet und ich kenne viele, die bis heute keinen Fuss in das Land setzen würden. Doch wandelt sich die ursprüngliche Ablehnung inzwischen zu einer neuen Sehnsucht. Viele Israelis haben deutsche Wurzeln und damit die Möglichkeit, einen Deutschen Pass zu bekommen. Und Berlin ist eine unglaublich spannende Metropole, vielleicht sogar die spannendste in Europa. Das Leben ist dort relativ preiswert, die Stadt pulsiert, erneuert sich und verfällt ständig, auf den Strassen hört man Menschen in allen Sprachen der Welt sprechen. Hebräisch ist eine davon und ich habe es schon öfter erlebt, dass ein Vater sein Kind im Supermarkt auf Hebräisch zur Vernunft gerufen hat. Schätzungen zufolge wohnen bis zu 15.000 Israelis alleine in Berlin.

Israel ist das Land der Start-Ups. Nach Silicon Valley in den USA sind wir der Landstrich mit den meisten High-Tech Innovationen. Vor allem in den Bereichen IT, Biotech und Medizin. Auch in Berlin entwickelt sich eine Start-Up Szene, teiweise befruchtet durch Israelis. Die Europedays sollen diesen Trend noch verstärken und Israelis helfen, Deutsche Besonderheiten und Gepflogenheiten besser zu verstehen, damit sie auch im alten Europa erfolgreich sein können.

Ich selbst habe eben erst durch Heise Online von der Veranstaltung erfahren. Sie läuft in diesem Moment an und ich wäre gerne dabei gewesen. Denn meine Frau Jenny und ihre Organisation GIWA kümmert sich ebenso um Deutsch-Israelische Beziehungen und auch mir liegt meine alte Heimat und vor allem die Stadt Berlin noch am Herzen.

Taxi in Madrid – Adrenalin pur

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Der Fahrer dieses Gefährts war die große Ausnahme. Ruhig und entspannter Fahrstil. Die Zielstrasse hat er jedoch am Ende auch verfehlt.

Ich bin gerade beruflich in Madrid und meine Firma lässt mich jeden Morgen mit dem Taxi in unser lokales spanisches Büro und jeden Abend zurück ins Hotel kutschieren.

Taxifahren in Madrid hat echt Vorteile gegenüber dem selben Freizeitvergnügen in anderen Orten. In Berlin etwa muss man froh sein, wenn es einem der Fahrer nicht übel nimmt, dass man mit ihm gefahren ist. In Israel wiederum sollte man sein Testament vorher gemacht haben.

Die Vorteile in Madrid auf einen Blick:

  • Es fahren gefühlt 20 freie Taxen pro Minute an einem vorbei, egal wo man ist. Altmodisches Taxirufen und neumodische Äpps braucht man nicht.
  • Die Fahrer sind durch die Bank freundlich, bieten während der Fahrt Smalltalk und Kaugummis an.
  • Ich habe noch kein Taxi gefunden, in dem man nicht problemlos mit Karte bezahlen kann. Karte rein, Geheimzahl eintippen, Karte raus. Geht schneller als auf Wechselgeld aus der speckigen Arschtasche des Fahrers zu warten.
  • Die Taxen sind sauber und ordentlich und riechen nicht nach Männerschweiss mit Zigarettenasche und Duftbaum Gemisch, so wie viele in Berlin.
  • Die Fahrer fluchen nicht ständig über andere Verkehrsteilnehmer, wie etwa die israelischen, die nach eigenem Bekunden die einzigen auf der Strasse sind, die einen Spurwechsel (einen? Was sage ich, hunderte pro Kilometer!) korrekt durchführen können. Und das ganz ohne lästiges Blinken oder einen Blick in den Rückspiegel.

Aber es gibt auch Nachteile:

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Fernando Alonso, entfernter Verwandter aller spanischen Taxifahrer – Foto von Wikipedia/Ryan Bayona
  • In Madrid scheint jeder Taxifahrer mindestens ein entfernter Verwandter von Fernando Alonso zu sein. Ich habe mir abgewöhnt, auf die Strasse zu gucken, um meine Nerven zu schonen und meinen Adrenalinspiegel auf einem erträglichen Niveau zu halten. Aber manchmal holt einen eine Vollbremsung mitten auf der Autobahn dann doch in die Wirklichkeit zurück.
  • Fremdsprachen heissen Fremdsprachen weil sie Taxifahrern fremd sind und nur Fremde sie sprechen. Ich bin hier so ein Fremder. Nicht mal ein paar Brocken Englisch habe ich aus den Taxifahrern herausbekommen. Dem Drang, Smalltalk zu betreiben tut das leider keinen Abbruch, man wird eben auf Spanisch vollgequatscht
  • Dank Google Maps und Navis verfahren sich die Fahrer nicht komplett. Aber ich musste fast jedes Mal darauf hinweisen, die richtige Ausfahrt aus dem Kreisverkehr nicht zu verpassen, wenn ich keine extra Alonso-Runden drehen wollte.

Donnerstag fahre ich wieder ab. In zwei Wochen bin ich dann in Düsseldorf. Wieder beruflich und wieder oft mit Taxen unterwegs. Mal sehen, was ich dann erleben werde. Sofern ich die Taxifahrten bis dahin überlebe. Am meisten mache ich mir Sorgen bei der Fahrt vom Ben Gurion Flughafen nach Hause.

Rabbi mit Messer

Ein Blitzableiter auf einem Kirchturm ist das denkbar stärkste Mißtrauensvotum gegen den lieben Gott. (Karl Kraus)

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Naja. Der Spruch vom Satiriker Karl Kraus ist so medium lustig, zumindest aus jüdischer Sicht. Denn wir betrachten einen Blitzableiter an einer Synagoge nicht als Mißtrauensvotum, sondern als gesunden Menschenverstand.

Klar, wir vertauen auf G-ttes Hilfe. Aber wir sagen auch: Den ersten Schritt musst Du selbst gehen, erst dann kann G-tt dir helfen. Und wenn Du krank bist, geh‘ verdammt noch mal zum Arzt und verlasse dich nicht auf Gebete und ein Wunder.

Deswegen ist es auch nicht überraschend, dass Rabbiner Selbstverteidigungskurse besuchen. Zu oft müssen sie nämlich als Blitzableiter herhalten für antisemitische Gewalt. Mein Rabbifreund Schmulik aus Hamburg war auch da, und hat mir den Bild-Artikel geschickt. Ich hoffe vom tiefsten Herzen, dass er das dort gelernte nie anwenden muss.

„Zionisten sind schlimmer als die Nazis!“

„Scheiss Israel! Scheiss Zionisten! Hat nix mit Juden zu tun! Zionisten sind schlimmer als die Nazis!“
So schallte es gestern Abend durch Berlin Mitte. Hier sind wir gerade auf der Durchreise und zu Besuch bei meiner Mutter. Wir haben Schabbat in der Gemeinde Adass Yisroel in der Brunnenstrasse in Berlin gefeiert und sind nach Schabbatausgang noch kurz zum Kaisers gelaufen, um koscheres Eis für einen netten Fernsehabend zu holen. Meine Frau liebt die Sorte „dulce de leche“ von Häagen-Dazs besonders.
Auf dem Rückweg von Supermarkt mit unserem zweijährigen Sohn und der Tüte Einkäufe beladen, begegneten wir diesem Mann: Er wirkte betrunken und sprach mit Akzent Deutsch. Die Flüche „Scheiss Israel, Scheiss Zionisten“ wiederholte er mehrfach und klang dabei so klagend und aufgebracht, als hätte ihm ein Zionist höchstpersönlich gerade eben sein letztes Bier geklaut. Und durch den Satz „Hat nix mit Juden zu tun“ und den Hinweis auf die Nazis machte er deutlich, dass er eben doch die Juden und nicht die Zionisten meint.
In mir kochte es langsam hoch. Keiner auf der Strasse widersprach und der Typ schreit seinen Hass einfach so heraus. Meine Frau hielt mich zurück. Doch als er dann behauptete, wir Zionisten, ich bin auch einer, wären schlimmer als die Nazis, war für mich eine Linie überschritten. Es gibt noch mehr Knallchargen, die sich nicht entblöden, den Gazastreifen mit dem Warschauer Ghetto zu vergleichen und auch das bleibt viel zu oft unwidersprochen. Ich schrie ihm also irgend was blödes zurück aber er taumelte unbeeindruckt weiter.
Heute Nachmittag gehen meine Frau und ich und viele unserer Freunde auf die Demo „Steh auf! Nie wieder Judenhass.“ in Berlin um zu zeigen: Wer einem Antisemiten, der durch die Strassen läuft laut widerspricht, ist nicht allein! Denn der fehlende Widerspruch macht uns Juden in Deutschland mehr Angst, als die antisemitischen Ausfälle irgend welcher Idioten.
Mein Buch, „Wie werde ich Jude„, kann helfen, Antisemitismus abzubauen. Die meisten Nazis in Deutschland leben dort, wo sie selten bis nie auf einen Ausländer treffen. Das Unbekannte wird leichter zum Feindbild als das Bekannte. Wer mit anderen Gruppen zusammenlebt, ihre Bräuche versteht und ihre Gewohnheiten kennenlernt, der hat eher Verständnis für manche Schrulligkeiten. Und von denen haben wir Juden wahrlich genug!