Homo-Ehe?

11267356_881644651897325_4153708862703344819_nIn meinem Beitrag gestern schrieb ich darüber, wie ich mich als heterosexueller, religiöser Jude zu Menschen verhalte, die homosexuell sind. Aber wie soll ein Staat mit ihnen umgehen?
In Israel gibt es keine zivile Ehe. Wer sich nicht von einem Rabbi, Imam oder Priester trauen lassen will, der muss ins Ausland fahren für einen Trauschein. Etwa nach Zypern, wohin es deswegen geradezu einen Hochzeitstourismus gibt. Der Staat erkennt nämlich anstandslos im Ausland geschlossene Ehen an. Aber auch nicht-verheiratete Paare kommen in den Genuss von erweiterten Rechten. Man bekommt etwa ein unbefristetes Arbeitsvisum als Nicht-Israelischer Lebenspartner eines Israelis.
In Israel werden die Stimmen lauter, dass es doch bitte im Land möglich sein muss, eine Zivilehe ohne Religionsdiktat einzugehen. Aber ist das der richtige Weg?
Die Ehe hat aus staatlicher Sicht weitreichende Folgen. Es geht um Erziehungsrecht, Adoptionsrecht, Erbrecht, Arbeitsrecht, Staatsbürgerschaftsrecht, Steuerrecht, Rente oder auch darum, wer im Ernstfall, etwa bei einem Unfall oder schwerer Krankheit, informiert wird oder Entscheidungen trifft. Das sind alles keine Lappalien und komplexe, gewachsene Strukturen mit ihrer Berechtigung.
Die Frage nach der Homo-Ehe ist also nicht, ob gleichgeschlechtliche Paare sich offen lieben und zusammen leben dürfen und ein gemeinsames Konto führen können. Das ist alles in Deutschland bereits gegeben. In Israel übrigens auch. Es geht um mehr.
In Irland wurde kürzlich die Homo-Ehe mit allen Rechten und Pflichten wie für heterosexuelle Paare eingeführt. Ausgerechnet diese Erzkatholen aus Irland?? Deutschland und andere Länder sehen sich daher unter Zugzwang.
Ich bin gegen die Homo-Ehe. Will sagen, in meiner Religion haben zwar Homosexuelle Platz, wie ich gestern ausgeführt habe, aber keine gleichgeschlechtlichen Eheschliessungen. Aber in dem Moment, wo ich den Wirkungsbereich meiner Religion verlasse, ist das was anderes. Dort, also bei Christen, Atheisten, Muslimen, Hindus oder was auch immer, bin ich weder dafür noch dagegen. Es geht mich einfach nichts an! Und unter uns: Das Liberale Judentum ist aus meiner Sicht ebenso eine komplett andere Religion, auch wenn deren Mitglieder, zumindest größtenteils, Juden sind und sie gleichnamige Feste feiern wie wir.
Ehe ist ein ursprünglich religiöses Konzept. Nicht jede Gesellschaftsform, jede Generation und jedes Volk misst ihr Bedeutung zu, auch wenn die Ehe weit verbreitet ist. Und da sie etwas religiöses ist, ist es in Israel eigentlich folgerichtig, wenn der Staat sich aus der Eheschliessung so weit es geht heraushält. Deswegen fragt hier auch niemand ernsthaft nach einer Homo-Ehe. Dafür ist der Staat Israel überhaupt nicht zuständig.
Für Deutschland, das so viele verschiedene Traditionen, Religionen und Kulturen unter seinen Bürgern hat, könnte man einen radikalen, liberalen Lösungsansatz finden: Die Zivilehe wird abgeschafft! Wer wen und wo mit welcher Zeremonie heiratet, ist Privatsache. Die oben genannten Rechtsfragen werden über Verträge geregelt, die man gerne auch „Ehevertrag“ nennen kann, aber eben nicht muss. Der Staat kann einschränken, wer welche Verträge abschliessen darf. Etwa Minderjährige ausschliessen (wie bei den meisten anderen Verträgen auch) oder Geschwister- und Vielehen untersagen. Aber diese Einschränkungen müssen wohl bedacht sein und sind auch anpassbar.
Israel wäre also gut daran geraten, keine Zivilehe einzuführen, sondern lieber die Religionen, die eine rechtsgültige Ehe schliessen dürfen, zu erweitern. Und Deutschland? Es wird schwer, die Zivilehe abzuschaffen. Sie ist im Grundgesetz verankert. Und das Grundgesetz als Ganzes ist meines Erachtens wertvoller, als das Recht von Homosexuellen, etwa Kinder zu adoptieren. So traurig das für die Betroffenen auch ist. Aber wer weiss, vielleicht schafft es ein Bundestag ja, das Grundgesetz in diesem Punkt zu liberalisieren?

 

3 Gedanken zu “Homo-Ehe?

  1. Deine Idee, dass D-land Eheverträge einführen könnte, die finde ich gut.
    Es muss eine Regelung geben für alle, die in Liebe zusammenleben, egal in welcher Konstellation.
    Keiner darf benachteiligt werden.
    Das durchzusetzen wird sehr sehr lange dauern und die Zuwanderung anderer Religionen und Kulturen könnte aber dabei hilfreich sein.

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    1. Ob die Zuwanderung dabei hilft oder eher hinderlich ist, weil überkommene Frauenbilder mit den Neuankömmlingen neu importiert werden, wird sich zeigen…

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      1. Ich meinte, dass durch die Vielfalt der Kulturen und Religionen die Chance besteht, dass sich einiges, was doch festgefahren ist, aufbrechen und sich ändern könnte.

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